Volk begehrt mit Erfolg

■ Österreicher gegen Genmanipulation und für effektive Frauengleichstellung

Wien (taz) – Über 1,2 Millionen Österreicherinnen und Österreicher haben sich im Rahmen eines Volksbegehrens für das Verbot von gentechnisch manipulierten Lebensmitteln, der Freisetzung genmanipulierter Pflanzen oder Tiere und der Patentierung von Leben ausgesprochen. Das sind stolze 21,25 Prozent der Wahlberechtigten. Und 645.000 Personen unterzeichneten das gleichzeitig aufgelegte Volksbegehren für die effektive Gleichstellung der Frau. Beide Initiativen nahmen souverän die Hürde von 100.000 Unterschriften, die die Verfassung vorschreibt, damit sich das Parlament damit befassen muß.

Die Kirche, die Umweltorganisationen und die großen Boulevardblätter Kronen Zeitung und Täglich Alles hatten gegen die Gentechnik mobilisiert, die Revolverblätter vor allem mit irrationalen Argumenten, denen keine organisierte Gegenkampagne Paroli bieten konnte.

Daß das Frauenvolksbegehren nur etwas mehr als halb so viele Menschen bewegte, ist für die Journalistin Eva Rossmann, eine der Mitinitiatorinnen, dadurch erklärbar, daß es sich um einen viel politischeren Forderungskatalog handelt: „Wenn wir nur einfach Gleichberechtigung oder gleichen Lohn für gleiche Arbeit verlangt hätten, hätten auch mehr Leute unterschrieben.“ Die Initiative verlangt aber konkrete Maßnahmen im Bildungsbereich, Schaffung zusätzlicher Kinderbetreuungsstätten und verbindliche 50:50-Quoten in den Betrieben.

Frauen- und Umweltministerin Barbara Prammer, die für die politische Umsetzung beider Volksbegehren zuständig ist, freut sich über deren Erfolg. In der Genfrage würde die längst fällige Regelung der umfassenden Kennzeichnung und der Haftungsfrage beschleunigt werden. „Ich bin überzeugt davon“, sagt sie, „daß wir auch in Europa einiges zustande bringen, denn die letzten Wochen haben gezeigt, daß auch dort ein intensiver Diskussionsprozeß begonnen hat.“ Ralf Leonhard