„Wir haben nie Hilfe erbeten“

■ Eduardo Vallejo de Olejua (61), Bürgermeister von Gernika, wartet immer noch auf die Schuldanerkennung Deutschlands

taz: Kann man heute, 60 Jahre nach der Bombardierung, von Aussöhnung sprechen?

Vallejo de Olejua: Es ist genug Zeit vergangen, um Haß und Wut beiseite zu legen. Bereits am 50. Jahrestag trafen Gemeinderat und baskisches Parlament Beschlüsse, um eine Aussöhnung voranzutreiben. Gernika wurde zur Stadt des Friedens erklärt, es entstand ein Zentrum für Friedensforschung. Und der Gemeinderat beschloß eine Städtepartnerschaft mit Pforzheim. Mit dem Ergebnis sind wir überaus zufrieden. Die gegenseitigen Besuche haben vor allem bei den jüngeren Generationen Denkschemata aufgebrochen und zu mehr Verständnis beigetragen.

Und was tat die Bundesregierung dafür?

Bundestag und Bundesregierung beteuerten nach dem 50. Jahrestag, Gernika unterstützen zu wollen. Vom Aufbau einer Berufsschule, von einer Bibliothek, von einem Zentrum zum Technologieaustausch, von hohen Summen war die Rede. Diese Initiative verlief bald im Sand. Es wäre kein Geld da wegen der Wiedervereinigung, lautete die Entschuldigung – oder vielmehr die Ausrede. Eine traurige Angelegenheit, besonders wenn man bedenkt, daß wir nie Geld von Deutschland erbeten haben. Das war ganz alleine die Idee des Bundestages, also eine reine Selbstverpflichtung von deutscher Seite.

Jetzt leistet Bonn doch noch einen einen Beitrag für Gernika?

Drei Millionen Mark wurden letztendlich an uns überwiesen. Aber nicht, um hier etwas Eigenes aufzubauen, sondern um ein Projekt zu unterstützen, das schon in Angriff genommen worden war: den Bau eines Sportgeländes nebst Halle. Der Gemeinderat akzeptierte den deutschen Beitrag. Nicht wegen des Geldes, sondern weil wir die Hilfe als ein weiteres Zeichen zur Aussöhnung ansehen. Eine finanzielle Wiedergutmachung für die Bombardierung kann es nicht geben, denn eine solche Schuld läßt sich nicht abbezahlen. Wir hätten das Geld nicht genommen, wäre es als Wiedergutmachung deklariert worden.

Was erwarten Sie weiter?

Ich hoffe, daß unsere Kontakte mit Deutschland noch enger werden. Für die Bundesregierung hätte der 60. Jahrestag ein guter Anlaß sein können, um endlich offiziell anzuerkennen, was hier 1937 geschah. Die Aussöhnung mit Tschechien ist heute in Deutschland ein Thema. Warum eigentlich ist eine offizielle Anerkennung der Schuld Deutschlands gegenüber Gernika nicht möglich? Interview:

Reiner Wandler,

Madrid