■ Bonn apart
: Der mit den Steuern tanzt

Wenn die Eltern von Guido Westerwelle vor zwanzig Jahren geahnt hätten, daß ihr Sohn mal Plakate kleben würde, wären sie sicher beunruhigt gewesen. Unser Sohn ein Plakatkleber? O Gott! Wenn sie gewußt hätten, daß ihr Sproß von einem Aufgebot von mehreren Dutzend Medienleuten dies tun würde, hätten sie vermutlich gedacht: Na ja, ein Künstler also. Und offenbar nicht ganz erfolglos.

Ein bißchen Kunst ist es ja schon, was der Generalsekretär der FDP da macht. Nehmen wir seine erste Plakataktion: „Steuerland ist abgebrannt“, lautete der Slogan. Das Prinzip ist einfach: Einen bekannten Spruch entfremden, möglichst so, daß ihn keiner versteht, und den dann noch in aller Öffentlichkeit präsentieren. Wenn es schon keinen Sinn macht, muß es Kunst sein. Was sonst? Doch Guido Westerwelle ist nicht Andy Warhol. Sonst hätte er drei Plakate nebeneinander aufgestellt: Alle mit dem selben Spruch. Aber eins in Blau, eins in Gelb und eins in Rot. Oder umgekehrt.

Westerwelle ist auch nicht der Aktionskünstler H.A. Schult. Sonst hätte er ein Spruchband von der Spitze des Kölner Doms wehen und nachts anstrahlen lassen. Das Tuch wäre blau gewesen, darauf der Spruch: „FDP – die tun was“. Der Künstler läßt seine Kunst schließlich von der Weltfirma Ford sponsern.

Daß der Liberale Generalsekretär ist und eben doch kein Künstler, hat sich spätestens in dieser Woche gezeigt. Der Slogan seiner jüngsten Plakataktion lautet: „Wer zu spät senkt, den bestraft das Leben.“ Hätte Michail Gorbatschow das Plakat vorgestellt, ja dann hätte man vielleicht darüber reden können. So aber mußten wir einfach nur gähnen, wie wir es nicht einmal angesichts von Campbell's-Dosen tun würden.

Fürs nächste Jahr hätten wir einen Vorschlag: Das Plakat zeigt Guido Westerwelle, wie er unter dem Beschuß von Tomaten und Eiern hochspringt. Darunter steht: „Der mit den Steuern tanzt“. Markus Franz