■ Schöner Leben
: Umme Ecke: Laramie

Unaufhaltsam nahen jetzt auch den Nordseeinseln die Sommermonate und mit ihnen Rentie und Hans. Rentie aus Emden und Hans aus Pforzheim: Auch im Jahre '97 werden sie wieder aufsatteln, Pferd Valentino aus der Winterlethargie erwecken und auf Spiekeroog nach Laramie zockeln. So zwei-, dreimal pro Tach und zurück.

Das Ganze gibt es auch als Postkarte: Hauptmotiv ist der offene Pferdebahnsommerwagen Nr. 21, drinnen Mitreisende, vorne dran Valentino, die Zügel hält Rentie, am Megaphon dröhnt Hans. Uns klingelt's vom letzten Herbst noch in den Ohren. „Wir begrüßen Sie auf der ältesten Straßenbahn Deutschlands, gebaut 1886 in Stuttgart beim Daimler. Pferd Valentino zieht uns jetzt auf der historischen Strecke, den Originalschienen, zur Westküste von Spiekeroog. Pferd Valentino isch ein Haflinger, also ein Arbeits-tier, und schafft 250 Kilo. Die Konstruktion macht's möglich. Bleibense also ruhig sitzen. Von drei Tonnen zieht Pferd Valentino definitiv nur zwölf Kilogramm.“

Wir vermuten: je nach Windrichtung. Rauh bläst der Westen uns Inselcowgirls ins Gesicht. „Nicht in den Wagen spucken“, warnt ein Schild vom Wagendach – „Es ist die Pflicht des Fahrgasts, sich sofort Halt zu verschaffen“, ergänzt eines in Beinhöhe. Knie an den Gaul, aufrecht im Sattel bleiben: Es naht „Westend“.

Dort hängen im Winter die Elektrogeräte an der Decke, erzählt uns Engelbert, seit dreißig Jahren Teil des Kneipen-Inventars. Oder sollen wir sagen, der SeefahrtsSperrmüllSammlung? Engelbert kocht echten Kaffee „Westend“, den so nur über 60jährige zustande bringen. „Die Disco macht hier Dirk“, sagt der Oberkellner und wirft uns zum Beweis ein bißchen Reggae ein. Draußen, auf zur Bankform zusammengenagelten Bootsplanken, schlagen wir kurz die Cowgirlstiefel übereinander und hören schon Pferd Valentino scharren. „Zurück bekommen Sie Kinderfahrscheine!“brettert Hans. Leute, sattelt die Hühner. Silvia Plahl