Sachsen-Anhalts PDS opponiert doch

Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt weist Klage der CDU ab. PDS gehört zur Opposition. CDU-Fraktionschef Bergner sieht Wiederholungsgefahr für Magdeburger Modell  ■ Aus Dessau Detlef Krell

Wie ein begossener Pudel vernahm Sachsen-Anhalts CDU- Fraktionschef Christoph Bergner die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts: Die PDS war, ist und bleibt Opposition im Lande. Alles weitere entscheiden die WählerInnen am 26. April nächsten Jahres.

Die Obersten Richter des Landes lehnten gestern den Antrag der CDU-Fraktion, die PDS als mitregierende Dritte im rot-grünen Magdeburger Modell zu outen, als „unbegründet“ ab. Es hätten sich „keine Tatsachen dafür feststellen lassen, daß der Landtag die PDS- Fraktion zu Unrecht als Oppositionsfraktion behandelt hat“. Eine Regierung werde nicht schon allein deshalb gestützt, wenn sie nur geduldet oder toleriert werde. Zustimmung zu Regierungsvorlagen bedeuteten zudem „nicht automatisch“ einen „Vertrauensbeweis“ gegenüber der Regierung. Eine Fraktion stütze die Regierung erst dann, wenn die Zustimmung im Einzelfall Teil eines mit der Regierung grundsätzlich koalitionsähnlich abgestimmten Politikprogramms ist. Es habe sich nicht feststellen lassen, daß die von der PDS eingegangenen Kompromisse von vornherein grundsätzlich zugesagt worden seien.

Ein „positives Urteil“ für PDS- Fraktionschefin Petra Sitte: „Es gibt die Möglichkeit, weiterhin an Inhalten zu entscheiden, wie wir uns bei Abstimmungen verhalten.“ Die Entscheidung des Gerichts habe über Sachsen-Anhalt hinaus politische Bedeutung. Sie bestätige, daß Opposition und Koalition „sehr dynamische Begriffe“ seien. „Wir müssen neue, prinzipielle Definitionen für die Parlamentswirklichkeit finden.“ Die PDS sehe sich durch den Verfassungsrichterspruch sogar doppelt bestätigt: Zum einen, da sie jetzt in Sachsen-Anhalt Opposition sei, zum anderen, „daß wir durchaus regierungsfähig wären“.

„Klarheit“ wollte CDU-Fraktionschef Bergner mit der Gerichtsentscheidung. Die habe er nun bekommen, wie er anmerkte. Diese sei notwendig, um mit dem Parlamentsrecht vernünftig umgehen zu können. Man wisse aber nun, daß eine Wiederholung des Magdeburger Modells auch anderswo möglich sei. Dabei verwies der CDU-Bundesvize auf die Bundestagswahlen. Eine von der PDS tolerierte Minderheitsregierung als „originäre Idee des Ostens“ sei 1998 vorstellbar.

Die gestern abgewiesene Klage der CDU-Fraktion gegen den Landtag von Sachsen-Anhalt war nicht der erste Versuch, den Oppositionsstatus der PDS in Frage zu stellen. Schon vor zwei Jahren hatte Bergners Parteifreund und Landtagspräsident Klaus Keitel einen Vorstoß der CDU-Fraktion abgelehnt – letztlich mit der gleichen Argumentation wie gestern das Verfassungsgericht. Bergners Entgegnung damals entbehrte nicht einer Portion Realsatire: Die PDS sei der rot-grünen Minderheitsregierung ein verläßlicherer Partner, als es in der vergangenen Legislaturperiode der CDU-Koalitionspartner FDP war. In der Tat hat die rot-grüne Koalition derzeit mehr Probleme mit sich selbst als mit der PDS. Der bündnisgrüne Fraktionschef Hans Jochen Tschiche warf der SPD erneut vor, wichtige parlamentarische Entscheidungen, die Bestandteil des Koalitionsvertrags sind, zu bremsen. Umstritten sind das Landesplanungsgesetz und das Entwicklungsprogramm.