■ RatMarkt
: Kabel oder Bügel?

Glaubt man der Versicherungsbranche, ist die Sache mit dem Fahrraddiebstahl nur halb so schlimm. Bei jedem zweiten Diebstahl seien die Besitzer selbst die Täter. „Die Versicherungen sind kaum in der Lage, fingierte Fahrraddiebstähle nachzuweisen“, räumt Wolfgang A. Leidigkeit, Autor einschlägiger Standardwerke, ein. Sein Vorschlag: „Anstatt über Diebstahlquoten zu jammern, sollten lieber alle Versicherer die Verwendung guter Bügelschlösser zur Bedingung machen.“

Die U-Locks gelten als die Hochsicherheitsgeräte unter all den Fahrradschlössern. Den Radlern scheint's egal zu sein. Ob alter Treter oder High- Tech-Bike – es dominieren immer noch die Kabelschlösser in Wurstring- oder Spiralform, vom Fachhandel als „Geschenkbänder“ bezeichnet. Eine Plastikhülle verdeckt gnädig das dünne Stahldrahtgeflecht, das mit Hilfe eines handlichen Seitenschneiders in null Komma nichts zu knacken ist. Bügelschlösser dagegen „bieten den besten Diebstahlschutz – die Spitzenprodukte sind auch mit viel Geduld und starkem Werkzeug kaum zu sprengen“, so das Ergebnis der letzten Testserie von Stiftung Warentest (1996). Sechs Bügel erhielten ein „Sehr gut“, darunter jeweils drei Produkte von Abus und Trelock. Selbst die sogenannten Panzerkabel konnten nicht ganz mithalten: „Allenfalls die stärkeren, teureren, mit Stahlhülsen oder Drahtgeflechten ummantelten Kabel bieten annehmbaren Schutz.“ Warum trotz glänzender Zeugnisse viele Radler vorm Bügel zurückschrecken, ist bekannt: zu schwer, der Transport mache Probleme. Was allerdings so ganz nicht mehr stimmt.

Mittlerweile gibt es auch leichtere Stahlgebilde, die trotzdem nur vor der Trennscheibe kapitulieren. Zum Beispiel das „EvoLite“ von Kryptonite, das nicht mehr als 750 Gramm wiegt. Ein Super-Leichtgewicht von nur 300 Gramm hat die bisher nicht als Schloßhersteller in Erscheinung getretene Firma TiTec auf den Markt gebracht. Ihr dreieckiges Gestänge namens „Twistlock“ besteht aus Titan, ist biegsam, so groß, daß man den Kopf hindurchstecken kann, und muß deshalb an drei Rahmenpunkten befestigt werden. Ob diese Ausnahmeerscheinung genauso knackresistent ist wie die starren Bügelschlösser, darf indes bezweifelt werden.

Neue Einpunkt-Befestigungssysteme haben jetzt Kryptonite und Trelock vorgestellt. Beide arbeiten mit verzahnten Manschetten, die an einem der Holme befestigt werden und die fast universelle Anbringung am Rad ermöglichen. Ähnliches hat Abus mit dem Klick-Fix-System zu bieten. Für MTB-Driver interessant: die flächige Befestigung des Schlosses am Sattelrohr. Trelock verkauft eins mit Gummiband und wasserabweisendem Überzug, so daß die Diebstahlsicherung auch als Gepäckträger oder Spritzschutz fungieren kann. Helmut Dachale