Mit 57 nach Mallorca

■ IG Metall und Volkswagen haben sich auf ein Altersteilzeitmodell geeinigt

Hannover (taz) – Die 95.000 westdeutschen VW-Beschäftigten können künftig mit 57 Jahren in den Ruhestand gehen, müssen bis dahin aber noch flexibler arbeiten. Mit diesem Kompromiß endete am Dienstag abend die diesjährige VW-Tarifrunde, bei der Volkswagen und die IG Metall neben dem ersten Altersteilzeitmodell der Metallindustrie auch eine schmale Lohnerhöhung vereinbarten: Zum 1. August dieses Jahres erhalten die Beschäftigten des boomenden Unternehmens 1,5 und ein Jahr später noch einmal 2,5 Prozent mehr Lohn. Der Tarifvertrag läuft zwei Jahre bis Ende Juli 1999.

Das neue VW-Altersteilzeitmodell soll rückwirkend ab Anfang dieses Jahres gelten. Dabei sollen die Beschäftigten ihre Arbeitszeit zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr auf die Hälfte reduzieren und weiter 85 Prozent ihres letzten vollen Netto-Gehalts erhalten. Organisiert werden soll diese Altersteilzeit in der Regel im Blockmodell: Die älteren VW-Beschäftigten arbeiten demnach bis 57,5 Jahre voll und beziehen dann zweieinhalb Jahre ohne Arbeit Lohn von VW. Da man schon jetzt bei Volkswagen über sogenannte Zeitwertpapiere fürs Alter vorarbeiten und Überstunden ansparen kann, ist auch schon ein früherer Ruhestand möglich, bei dem bis zum 60. Lebensjahr das Arbeitsverhältnis formell bestehen bleibt.

In den nächsten fünf Jahre können jeweils höchsten 2.000 VW- Beschäftigte von der neuen Altersregelung Gebrauch machen. Da Volkswagen in dieser Zeit jährlich rund 1.000 Auszubildende in feste Jobs übernehmen will, wird durch die Altersteilzeit ein weiterer Arbeitsplatzabbau ohne Entlassungen möglich. Strittig waren in den Tarifverhandlungen über die Altersteilzeit bis zuletzt die Zuzahlungen von VW zu Rente und Gehalt: Von den 85 Prozent netto während der Teilzeitjahre zahlt VW nun neben dem halben Entgelt noch einmal 15 Prozent, die restlichen 20 Prozent kommen vom Arbeitsamt. Der Autobauer will in diesen Jahren außerdem Rentenbeiträge finanzieren, die dem alten hundertprozentigen Nettogehalt entsprechen. Die Arbeitgeberseite hat in den Verhandlungen durchgesetzt, daß der Samstag bei VW künftig zum „schichtplanmäßigen Produktionstag“ wird. Zwar soll es bei den 50prozentigen Zuschlägen für Samstagsschichten und der Zustimmungspflicht des Betriebsrats bleiben. Die Arbeiten am Samstag gelten formell aber nicht mehr als Überstunden.

Die Tarifverhandlungen über eine Altersteilzeit für die rund 550.000 Metaller im Südwesten sind gestern geplatzt. Ein Streik gilt hier nicht mehr als ausgeschlossen. Jürgen Voges