Krach mit den USA im Internet

■ Clintons Pläne, aus dem Internet eine Freihandelszone zu machen, stoßen bei der Bundesregierung auf Zurückhaltung

Berlin (taz) – Vor der gestern in Bonn eröffneten Konferenz zur wirtschaftlichen Entwicklung im Internet ist es hinter den Kulissen zu einem Streit zwischen der Bundesregierung und den USA gekommen. Die US-Regierung ist besorgt, daß das am vergangenen Freitag verabschiedete Multimediagesetz die Nutzung des weltweiten Internet zu sehr reglementiert. Das berichtete gestern die Financial Times. Die Bundesregierung wiederum sucht auf der Bonner Konferenz die Rückendeckung der Europäer. Nötig seien gemeinsame europäische Positionen für bestimmte Grundprinzipien, sagte Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt gestern in Bonn. Die sollen in einer „Bonner Erklärung“ festgeschrieben werden.

In den vergangenen Wochen hatten sich Vertreter der US-Regierung mehrfach verwundert gezeigt über die deutsche Neigung, das Internet weiter reglementieren zu wollen. Man habe zeitweise den Eindruck gewinnen können, daß im Kanzleramt die ökonomische Bedeutung des Internet noch nicht verstanden worden sei, so eine Sprecherin.

Vielleicht wurde sie zu gut verstanden, und die Europäer wollen die Entwicklung angesichts der Dominanz der US-Amerikaner im Netz etwas verzögern. US-Präsident Bill Clinton hatte nämlich am 1. Juli in Washington ein fertiges Rahmenprogramm für den internationalen Handel im Internet vorgestellt. Clintons Vision: Das internationale Computernetzwerk soll zu einer Art Freihandelszone werden. Im Rexrodt-Ministerium heißt es, hier gehe es um ein Marktvolumen von möglicherweise mehreren hundert Milliarden US-Dollar bis zum Jahr 2000.

Rexrodt sagte gestern, Fragen von Datenschutz, Datensicherheit, elektronischem Handel und strafrechtlicher Verantwortung im Internet müßten geklärt werden. Clintons Vorschlag einer Freihandelszone für die heute 60 Millionen Internet-Nutzer will US-Handelsminister William Daley heute der Konferenz erläutern. ten