Wenn Kohl erzählt

■ Bevor er in den Urlaub ging, gab der Kanzler noch eine Pressekonferenz

Bonn (taz) – Der Kanzler straffte sich, setzte ein Lächeln auf und erklärte, warum er überraschend zur Pressekonferenz mit dem Thema „aktuelle politische Fragen“ geladen hatte: „Ich habe mich gefragt, wie kann ich Ihnen eine Freude machen.“ Na dann, viel Spaß:

Ungeachtet der bevorstehenden Landtagswahlen wolle die Bundesregierung ihre Hausaufgaben machen. „Was wir jetzt tun, wird Früchte tragen“, prophezeite Kohl. Schon im vergangenen Jahr hatte er sich als Prophet erwiesen. Er habe richtig vorausgesagt, sagte er nun, was in diesem Jahr passieren werde. So habe die Bundesregierung ihre drei Reformprojekte auf den Weg gebracht. Kohl räumte ein, daß die Renten- und die Steuerreform noch nicht in Kraft getreten seien, aber daran sei schließlich die SPD schuld. Einfühlsam warf er die Frage auf: „Wie funktioniert das System mit Bundesrat und Bundestag?“ Die Sozialdemokraten nutzten ihre Mehrheit im Bundesrat als „Waffe für die totale Blockade“. Der Bundeskanzler erinnerte abermals daran, daß die SPD damit den „totalen Stillstand“ bezwecke. Die Sozialdemokraten seien nicht daran interessiert, daß die ökonomische Lage verbessert und die Arbeitslosigkeit verringert werde, um bessere Chancen bei der Bundestagswahl zu haben. Der Historiker Kohl leitete aus eigenen Erfahrungen einen möglicherweise wahlentscheidenden Tip für die SPD ab: Die Union habe in den 70er Jahren in Sonthofen auch einmal eine Blockadepolitik beschlossen. Hernach habe sie die Bundestagswahlen verloren.

Kohl kündigte an, in den nächsten Monaten im Namen der Aufklärung tätig werden zu wollen. Er wolle dafür sorgen, daß das Volk über die Blockadehaltung der SPD informiert werde. „Wir werden von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt ziehen, um den Leuten das zu sagen.“ Zum Solidaritätszuschlag sagte er unter Gelächter: „Das Konzept ist oft genug diskutiert, daß ich nichts weiteres dazu sagen brauche.“ Markus Franz