Durch die Beine?

Ist die geplante „Nana“auf dem Spielbudenplatz frauenfeindlich oder nicht?  ■ Von Heike Haarhoff

„Seit der historischen Avantgarde-Bewegung wissen wir: Der Kontext für die Rezeption eines Kunstwerks ist ebenso entscheidend wie das Kunstwerk selbst.“

Ingo Mix, Sprecher der Kulturbehörde

Der Mann hat Mühe, seine Mißbilligung zu unterdrücken. „Stadt- entwicklungssenator Mirow hat bisher noch jeden Brief beantwortet“, schnaubt dessen Sprecher Bernd Meyer, „jeden, auch wenn es die größte Frechheit war“. Zuletzt sah er seinen Chef am 22. August beherzt zu Stift und Papier greifen – in der Angelegenheit „Nana auf dem Spielbudenplatz, hier: offener Brief von Ute Albertsen / Ute Rinck“. Die „zwei Frauen aus St. Pauli“, wie sich die Briefabsenderinnen nennen, hatten dem Senator ihre „Kritik an der Preisverleihung“für die Umgestaltung des Spielbudenplatzes auf St. Pauli „zukommen lassen“.

Danach soll eine „Nana“– eine riesige, bunte und vor allem begehbare Frauen-Skulptur der französischen Künstlerin Niki de Saint Phalle – den sandigen Schmuddelplatz an der Reeperbahn ab dem kommenden Frühjahr zieren. Und ihm, so die Hoffnung von Corny Littmann vom benachbarten Schmidt-Theater, „internationale Ausstrahlung verleihen“.

Von wegen international – „frauenfeindlich!!“werde es künftig vom Spielbudenplatz auf die ganze „Sündenmeile Hamburgs“strahlen, faxten Ute & Ute dem „Herrn Senator“. Die Skulptur an sich (26 Meter lang, zehn breit, sechs hoch), räumen die St. Paulianerinnen ein, sei zwar nicht frauenfeindlich, Niki de Saint Phalle sei es auch nicht. Doch auf dem Kiez, der „vor allem Männer anzieht“, halten sie den Gipsbeton-Frauenkörper für „falsch plaziert“– zumal „die sozial schwächeren Männer hier im Quartier“einfach so durch die Plastik durchlatschen könnten. „Hier auf der Reeperbahn gibt es mehr als genug gespreizte Frauenbeine zu sehen“, klagen die Verfasserinnen : „Statt der Würdigung der Kunst würde ein Mißbrauch stattfinden.“

Kein Kunstwerk ohne Protest, seufzte Senator Thomas Mirow (SPD). In der ihm eigenen, beschwichtigenden, Art schließlich floß es aus seiner Feder, er könne „die Kritik nachvollziehen, aber nicht teilen“.

Die Jury (zwölf Männer, zwei Frauen) sei „einstimmig“zu dem Schluß gekommen: Wenn selbst die Künstlerin, die zudem als „durchaus frauenbewegt“gelte, diese Nana an diesem Ort für „vernünftig“halte, gebe es keine Bedenken mehr. Doch könne eine „bewußte Auseinandersetzung mit dieser Thematik – angeregt durch eine Nana – geeignet sein, Frauenfeindlichkeit entgegenzuwirken“.

Und, fügt sein Sprecher hinzu, „das mit dem durch die Beine betreten, das muß ja vielleicht auch nicht sein“.