■ Querspalte
: Das Porto wird teurer

Es ist keine Nachricht, es ist keine Meldung, es ist, was es ist: Das Porto wird teurer. Das so verläßliche wie sparsame Volk hat aber aufgepaßt und sich den Termin gemerkt. Gestern im Postamt vor jedem Schalter eine lange Schlange. Von den sechs Schaltern waren natürlich nur zwei besetzt, typisch Servicewüste D. Das nur nebenbei. Jede und jeder kaufte bogenweise Briefmarken. Die großen Bögen gibt es ja nicht mehr, aber trotzdem. Oder direkt von der Rolle, weil's praktischer ist.

Schnell noch mal ein Kärtchen schreiben, dachten sich die Leute, oder einen Brief, um sich endlich für das tolle Weihnachtsgeschenk zu bedanken. Einer warf 13 Ansichtskarten und 15 Briefe in den Kasten, der sowieso schon überquillte. Überquoll? War auf jeden Fall voll. Ja doch. Und wenn trotz aller Bemühungen am Sonntag abend nach der letzten Leerung Briefmarken übrigbleiben: Bitte nicht wegschmeißen! Die behalten ihre Gültigkeit, das wäre ja noch schöner.

Der andere Teil der Bevölkerung übrigens reihte sich geduldig ein vor den Telekom-Läden und anderen Fachhandelsgeschäften. Der Tagesbefehl lautete: Faxgerät kaufen. Muß jeder selbst jetzt einfach mal durchrechnen, ob es sich lohnt. Bei denen, die Aktien der Telekom besitzen, ist die Sache sowieso klar. Das Geld, das für die Telefongebühren draufgeht, wandert qua Kurssteigerung und Dividende wie von Geisterhand praktisch wieder zurück in die eigene Tasche. Alle anderen, die so weit und langfristig nicht gedacht haben, sind ohnehin Trottel und für die neue Bürgergesellschaft ungeeignet.

Telegramme gibt es von Montag an nicht mal mehr im Kino, Päckchen und Pakete werden wegen der Rechtschreibreform nur noch bis 500 Gramm zugestellt, weil sie sonst in keinen Briefkasten passen. Für Postkarten ändert sich nichts, außer daß sie jetzt mit einer Marke zu einer Mark frankiert werden müssen. Wenn die Post dann endlich an die Börse geht, gehen wir online mit. Sämtliche Schalter sind dann zur Zeit nicht besetzt. Ist also alles ganz einfach. Vor Diktat vergreist: Dietrich zur Nedden