Wolfsschluchtartiges

■ Mit Verdis Macbeth beweist das neue Führungsduo der Staatsoper einigen Mut

In der Staatsoper hebt sich am Sonntag der Vorhang zur ersten Premiere unter dem neuen Führungsduo Hänseroth/Methmacher. Deren Repertoirewahl verrät Mut. Denn Verdis Macbeth war in den 150 Jahren seiner Aufführungsgeschichte lange ein Ladenhüter. Schon die zwei Premieren zeitigten nur mäßigen Erfolg, und dabei blieb es – bis zu Maria Callas' bahnbrechender Interpretation der Lady Macbeth Ende der 50er Jahre.

Alles dreht sich auch um diese Lady, die eigentlich die Hauptfigur der Oper ist. Nicht einmal einen Akt läßt sie verstreichen, da hat sie das Heft jenes Dolches, mit dem der Königsmord geschah, schon in der Hand. Musikalisch steht sie an erster Stelle, danach kommen die Hexen, dann erst der Titelheld. Von Massenmord und Blut ist reichlich die Rede. Von Liebe kein Sterbenswörtchen.

Verdis heimliche Lieblingsoper zum Ausgangspunkt einer neuen Staatsopern-Ära zu machen, könnte Konzept verraten. Denn der Komponist hat mit Macbeth eine neue Phase des Musiktheaters vom Zaun gebrochen. Vom bloßen Schönsang der Vergangenheit wollte er hin zu einer Ästhetik realistischer Menschenschilderung. Nicht schön, solle die Lady klingen, sondern wirklich – also fahl, hohl, häßlich.

Das Publikum befürchtete darüber die Abschaffung des Gesangs. Zu Unrecht. Denn nicht nur die Lady – sie wird von der Hamburg-Debütantin Dolora Zajick (USA) gesungen – wartet mit prächtigen Arien auf, und die Hexen haben den ganzen dritten Akt zur stimmlichen Entfaltung, sondern sogar der schwache Held Macbeth (Franz Grundheber) kann in einem musikalisch hochlohnenden Monolog im ersten Akt sowie in mehreren großen Ensembles glänzen. Nicht zu vergessen die Philharmoniker unter dem neuen Generalmusikdirektor, denen die orchestrale Ausgestaltung wolfsschluchtartiger moralischer Finsternis obliegt.

Stefan Siegert Premiere: So, 7. September, 18 Uhr, Staatsoper