„Am liebsten tiefrot“

■ Ortwin Runde, Hamburgs neuer erster Mann, kennt keine einfachen Lösungen

taz: Wollen Sie bestreiten, daß Sie ein Rot-Grün-Fan sind?

Ortwin Runde: Meine Lieblingsfarbe ist tiefes Rot. Allein zu regieren ist immer das Schönste.

Weil dafür Ihre Partei aber zu schlecht abgeschnitten hat, wollen Sie sowohl mit der GAL als auch mit der CDU verhandeln. Wo sehen Sie die Stolpersteine?

Sich mit der CDU in der Frage Steuergerechtigkeit zu einigen stelle ich mir sehr schwierig vor. Außerdem ist Hamburgs Abstimmungsverhalten im Bundesrat eine Hürde. Bei Rot-Grün sehe ich Probleme im Bereich wirtschaftsnahe Infrastruktur. Die Kröten wie Hafenerweiterung sind längst vom Tisch. Wie ich die Grünen kenne, wird es dennoch an Streit um den Umgang mit Hamburgs Wirtschaftskraft nicht mangeln.

Innere Sicherheit war das beherrschende Wahlkampfthema. Wie wollen Sie damit umgehen?

Einfache Lösungen gibt es nicht. Der Schwerpunkt muß bei der Ursachenbekämpfung liegen. Auf die Massenarbeitslosigkeit und soziale Polarisierung müssen wir auch kommunalpolitisch reagieren.

Jugendliche kamen im Wahlkampf nur als Gewalttäter vor. Wollen Sie das ändern?

Die beste Prävention für Jugendliche ist immer noch ein Arbeitsplatz. Aber wir müssen auch die Effizienz der bestehenden Hilfesysteme überprüfen und uns die Frage stellen, ob Strafverfahren nicht zu spät einsetzen und zu lange dauern.

Die Hamburger Jugendrichter sind ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Sie ließen Kriminelle laufen, urteilten zu milde, verlören die Opfer aus dem Blick.

So eine pauschale Kritik halte ich für verfehlt. Daß Jugendrichter sich Gedanken über das Verhältnis von Straftat und Strafe machen, ist für mich unverzichtbar. Ich halte auch nichts davon, Jugendliche nach dem Erwachsenenstrafrecht den Prozeß zu machen.

Die Grünen werfen der SPD vor, mit ihrem Law-and-order- Wahlkampf die rechtsextreme Partei gestärkt zu haben. Zu Recht?

Die Fakten sagen etwas anderes: Der Stimmenanteil der rechtsextremen Parteien ist insgesamt zurückgegangen. Und im übrigen ist dies eine sehr durchsichtige Polemik. Krista Sager wirft doch ihrer eigenen Partei Versagen bei der Inneren Sicherheit vor. Jugendliche fühlen sich real bedroht. Da muß man etwas tun. Daß das Thema den Wahlkampf sehr stark überlagert hat, bedauert keine Partei so sehr wie diejenige, die im Ergebnis am meisten darunter gelitten hat.

Könnten auch Sie – wie Voscherau – mit dem GAL-Fraktionschef und womöglich künftigen Finanzsenator Wilfried Maier eine „Koalition auf Handschlag gründen“?

In Ostfriesland, wo ich herkomme, werden alle Geschäfte per Handschlag geregelt. Das sind allerdings, anders als Koalitionen, überschaubare Angelegenheiten zwischen zwei Menschen. Und so komplexe Geschäfte macht man in Ostfriesland nicht. Interview: Silke Mertins