Leise Flutwellen

■ Das Forum für klassische Musik, Klassik Komm., zeigt den Umbruch der Branche

Der verdutzte Besucher der „Klassik Komm.“staunte am Wochenende auf dem Weg zur Hamburg Messe. Menschen aller Altersgruppen und sozialen Schichten strömten vom Dammtor und Karoviertel her den Messehallen zu. Sollte die Klassik just zum alljährlichen Stelldichein und Jubelfest ihrer Branche aus der Krise herausgefunden und nach langer Durststrecke wieder Zulauf haben?

Massenhaft. Aber nur am Nordeingang, wo die „Große bunte Heimtiershow“ihre Pforten geöffnet hatte. Am Südeingang und in den zwei Hallen des „Forums für klassische Musik“war alles wie gehabt. In den Gängen zwischen Ständen vom BFP (Bundesverband Freischaffender Pianisten) bis VDS (Verband Deutscher Schulmusiker) und auf Foren wie „Geist und Macht versöhnen“und „Was muß ein Kritiker alles können?“verloren sich fast ausschließlich alte Bekannte. Die Branche war unter sich.

Was von der Branche überhaupt gekommen war. Denn von den sechs Majorfirmen hatten es nur EMI und Sony Classical für nötig befunden, ihren Stand in Hamburg aufzubauen. Die größte der Branche, Deutsche Grammophon, war an ihrem Heimatort gerade mal durch einen Stand der Promotion-Gazette Klassik-Akzente vertreten, Eastwest und Teldec, für gutes Marketing und moderne Medienarbeit bekannt, und BMG hielten ihre Anwesenheit bei der „Klassik Komm.“offenbar für entbehrlich.

Die Krise ist denn auch eine der Großen. Denn die CD für 40 Mark ist am Ende, und der Midprize-Markt mit seinen Katalogschätzen füllt die Lücke nicht. Groß im Geschäft sind Billiganbieter wie NAXOS (inzwischen nach Stückzahlen zweiter der Branche) und Kleinfirmen mit interessantem Repertoire und mainstreamverachtenden Neulingen wie Opus 111, Accent, Harmonia Mundi France oder CHANDOS und Koch international. Die Branche ist also im Umbruch. Vieles steht auf der Kippe. Unter anderem auch die nächste „Klassik Komm.“.

Stefan Siegert