Selbsthilfe für Kinder, die nicht abgetrieben wurden

■ Down-Syndrom-Woche: Mütter präsentieren ihre Selbsthilfegruppe

Für Katja Mittelstädt war es eine schwierige Phase, als die Fruchtwasseruntersuchung ergab, daß ihr Sohn mit dem Down-Syndrom zur Welt kommen würde. „Natürlich bin ich jetzt sehr froh, mich gegen einen Schwangerschaftsabbruch entschieden zu haben, aber es gab auch Momente, wo ich dachte, ein Monster in meinem Bauch zu haben.“Sie würde somit keine Frau verurteilen wollen, die sich anders entscheidet.

Sieben Frauen, die Kinder mit Down-Syndrom haben – im Volksmund diskriminierens Mongolismus – saßen am Donnerstag auf einer Pressekonferenz, um darzustellen, daß auch ihre Kinder ein Recht auf Leben haben und daß es eine Normalität mit solchen Kindern gibt.

Die Mütter präsentierten eine Statistik, die zeigt, daß sich neun von zehn Eltern bei einem positivem Ergebnis der pränatalen Diagnostik für eine Abtreibung entscheiden. Die gesetzliche Lage kommt einem hier auch entgegen: So sind Schwangerschaftsabbrüche in diesem Fall nicht bis zur 18. Woche, sondern bis zur 24. Woche legal möglich. „Hier wird ausdrücklich eine Selektion erlaubt, denn die Gesellschaft meint, daß einer Mutter ein behindertes Kind nicht zugemutet werden kann“, ereifert sich Inger Detlefsen. Auch sie ist Mitglied im „Arbeitskreis Down-Syndrom“, einer Selbsthifegruppe von Eltern bei der Lebenshilfe Bremen e.V.

Im Rahmen der Deutschen Down-Syndrom-Woche geht der Arbeitskreis nun zum ersten Mal an die Öffentlichkeit. Viel Lebensfreude und kreative Inspiration bekomme sie von ihrem Sohn Aladin zurück, sagt Inger Detlefsen, halt so viel wie von anderen Kindern auch. Doch die Steine, die die Gesellschaft Familien mit Kindern mit dem Down-Syndrom in den Weg legt, sind zahlreich. So meldete Inger Detlefsen ihren tanzbegabten Sohn Aladin zum Ballettunterricht an und freute sich auch bald über die Worte der Lehrerin, daß er sich ausdrucksstärker als die anderen Kinder bewege. Doch gab es Beschwerden anderer Eltern, so daß Aladin nicht in der Tanzgruppe bleiben konnte. „Wahrscheinlich sitzt in vielen Köpfen noch dieses Vorurteil jener etwas verschreckten Kinder aus einer Zeit, als es noch kaum Förderungsmöglichkeiten gab“, sagt Elke Kruse.

Schwierigkeiten gibt es insbesondere nach der Einschulung. Integrative Kindergartenplätze sind noch relativ leicht zu finden, Integrationsmöglichkeiten gibt es aber nur in ausgesuchten Schulen, obwohl Bremen hier in den 70er Jahren noch eine Vorreiterrolle hatte. So müssen die Kinder häufig in einem für sie fremden Stadtteil zur Schule gehen. Dies ist eine Belastung, die Kindern ohne besonderen Förderbedarf nicht zugemutet wird. „Mein Oskar muß jeden Tag eine dreiviertel Stunde mit dem Bus zur Schule fahren, weil er den Eignungstest für die nahegelegene Grundschule nicht bestanden hat“, sagt Mutter Kruse.

Im Rahmen der deutschen Down-Syndrom-Woche will der vor zwei Jahren gegründete Arbeitskreis betroffene Eltern einladen, sich in der Selbsthilfegruppe Hilfestellungen zu holen. Den Auftakt bildet am Sonntag eine Film-Matinée in der Schauburg. „Acht Wochen“ist ein Film über eine Männerfreundschaft, kein Dokumentarfilm, sondern ein Film, wo Menschen mit Down-Syndrom „Subjekte“sind. Parallel hierzu läuft „Susi und Strolch“, auch gibt es ein Kinderbetreuung sowie eine Foto- und Bilderaustellung. A. Siol