Dienerin dreier Geheimdienste

■ Tania la Guerillera alias Tamara Bunke aus der DDR war eine Mata Hari, deren Verrat, so eine neue Biographie, zu Ches Ende beitrug

Als Tania starb, war sie gerade 30 Jahre alt. Sie und zehn Guerilleros aus Che Guevaras Nachhut gerieten am 31. August 1967 in einen Hinterhalt und wurden wenige Kilometer von Ches Lager entfernt, im bolivanischen Urwald, erschossen. Als man Tanias Leiche sechs Tage später fand, eignete sie sich nicht mehr dazu, als Trophäe ausgestellt zu werden. So machte ihr Leben selbst im Tod keinen Sinn. Eine Ikone ist sie nicht geworden, in den Che-Biographien von Castañeda und Taibo II wird sie nur am Rande erwähnt. Wer also war Tania la Guerillera alias Tamara Bunke, geboren als Tochter deutscher Emigranten in Argentinien, aufgewachsen in der DDR und glühende Kommunistin? Eine in Che verliebte Romantikerin, wie Castañeda es für wahrscheinlich hält, oder eine skrupellose Mata Hari, wie es eine eben im Aufbau Verlag erschienene Biographie nahelegt?

Der urugayische Journalist José A. Friedl Zapata, der fünf Jahre Archive in Berlin, Kuba, Argentinien, Bolivien durchforstete und Zeitzeugen ausführlich befragte, meint, daß Tanja eine dreifache Agentin gewesen sei und Che verraten habe. „Tanja war nicht die selbstlose, aufopfernde Gefährtin des berühmten Guerrillero ... Sondern eine raffinierte Agentin, die alle Menschen in ihrer Umgebung über ihren wahren Charakter täuschte – auch den großen Che Guevera.“ Sie habe seit 1958 für die Staatssicherheit Lateinamerikaner in der DDR ausgehorcht und sei 1960, als Che Berlin und Leipzig besuchte, gezielt auf ihn angesetzt worden. Keine romantische Begegnung also, sondern Liebe im staatlichen Auftrag, aus der vielleicht eine private wurde.

Ab 1961, als Tamara nach Kuba übersiedelte, sei sie zudem für den KGB aktiv geworden, eine Behauptung, die Zapata allerdings nur mit einer einzigen CIA-Aussage belegen kann. Hier knirscht seine Triple-Agententheorie, die, wenn sie wahr wäre, brisant wäre. Denn die Sowjetunion bekämpfte Che als Abweichler. Aber Zapata liefert keinen einzigen überzeugenden Beweis, daß Tamara Bunke während ihrer Arbeit für den dritten Geheimdienst, nämlich für die kubanische DGI ab 1964 in La Paz, auch den KGB über den Aufbau einer revolutionären Befreiungsarmee und Che informierte. Seine Verratsthese steht deshalb auf wackligen Füßen. Er suggeriert, daß die bolivianische KP aufgrund von Tamaras Berichten die Guerilleros im Regen stehen ließ, erklärt aber das spätere Deaster im Urwald an keiner Stelle mit politisch-strategischen Konstellationen.

Tamara Bunkes Wirken als Laura Gutierrez Bauer in La Paz gehört dennoch zu den stärksten Kapiteln in Zapatas Biographie. Detailliert zeichnet er nach, wie die hübsche junge Frau sich eine bürgerliche Existenz aufbaut, Männer reihenweise benutzt und verbraucht, und gleichzeitig danach fibert, endlich auch selbst die Waffe in die Hand zu nehmen. Entgegen allen Anweisungen aus Kuba und zum Entsetzen von Che schließt sie sich Anfang 1967 der im Urwald umherirrenden Truppe an, allerdings so dilettantisch, daß die bolivianische Armee über Tanias Spuren sehr schnell auf Ches Aufenthaltsort kommt und damit auch sein Ende besiegelt.

Verrat aus Disziplinlosigkeit, das ist einleuchtend. Ihr Tod war dann nur eine Frage von Tagen. Totkrank – laut Zapata hatte sie Unterleibskrebs (Castañeda hingegen vermutete, sie sei von Che schwanger gewesen) – ohne Nahrung, ohne Kontakt zu Ches Vorhut und in einer demoralisierten Truppe, gejagt von einer militärischen Übermacht mit CIA-Unterstützung und dazu noch in viel zu großen Stiefeln, sie hatte keine hance.

Laut Klappentext holt dieses Buch Tania la Guerillera „endgültig aus dem Schatten Che Guevaras“. In Wirklichkeit werfen Zapatas Recherchen Ches bolivianische Unternehmung in den Schatten der Erbärmlichkeit. Anita Kugler

José A. Friedl Zapata: „Tania, Die Frau die Che Guevara liebte“. Aufbau Verlag, Berlin 1997, 210 Seiten, Abbildungen, 39,90 DM