Guck mal, noch ein Haushaltsloch

■ Die Wirtschaftsverwaltung steht bei der Stadtreinigung mit 73 Millionen Mark in der Kreide. Sie weiß jedoch nicht, womit sie diese Schulden zahlen soll. Möglicherweise kommen dazu noch an die 300 Millionen

Im Etat der Wirtschaftsverwaltung für das kommende Jahr klafft ein Loch von mindestens 73 Millionen Mark. Die Haushaltslücke entsteht durch Schulden, die das Haus von Senator Elmar Pieroth (CDU) noch bei der Berliner Stadtreinigung (BSR) hat. Zur Begleichung dieser Millionenschuld ist im gerade im Abgeordnetenhaus debattierten Haushalt 1998 jedoch kein Pfennig vorgesehen.

Aus dem Jahr 1996 steht die Wirtschaftsverwaltung bei der BSR mit 54 Millionen Mark für Straßenreinigung und Winterdienst in der Kreide, mit 19 Millionen Mark für öffentliche Toiletten. Die Beträge entsprechen dem nicht gezahlten Anteil des Landes an diesen öffentlichen Aufgaben. „Es gibt diese Forderungen, sie sind berechtigt, und wir werden sie außerdem begleichen“, hatte Wirtschaftsstaatssekretär Ernst in der vergangenen Woche auf Anfrage der PDS im Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses zugegeben.

Letzteres – die baldige Begleichung – scheint fraglich. Denn wie ein Haushaltsexperte der Wirtschaftsverwaltung der taz sagte: „Wir haben BSR-seitig ein Problem. Woher das Geld kommen soll, wissen wir nicht.“ Vielleicht, so hofft der Pierothsche Haushälter, bliebe ja aus den veranschlagten Mitteln für 1998 noch etwas Geld übrig.

Die BSR hat indes schon im Oktober eine Mahnung geschickt – bis zum 12. September sollte die Wirtschaftsverwaltung ihre Schulden bei den städtischen Betrieben zahlen. Doch passiert ist bislang gar nichts. BSR-Pressesprecherin Sabine Thümler bestätigte, daß die Verwaltung die Zahlungsfrist habe verstreichen lassen. „Das ist ein schwebendes Verfahren“, so Thümler.

Möglicherweise steht die Wirtschaftsverwaltung jedoch vor einem noch viel dramatischeren Problem: Nach einem internen Papier der Verwaltung vom Mai diesen Jahres stand die Verwaltung zu dem Zeitpunkt auch bei der BVG in der Kreide – mit rund 270 Millionen Mark. Der größte Brocken dabei: nicht gezahlte Landeserstattungen für die Ausbildungstickets von jährlich 65 Millionen Mark seit 1995. Dazu kommen die Beteiligung des Landes an den Kosten der Sozialkarte und Zuschüsse für die Überlassung von S-Bahn-MitarbeiterInnen an die BVG. Zu den möglichen BVG-Schulden konnte Staatssekretär Ernst im Hauptausschuß noch keine definitive Aussage machen. Von Pieroths Haushaltsexperten kommt indes ein klares Dementi. „Es gibt keine Altforderungen der BVG“, sagte er. Nur mit der Sozialkarte seien noch Beträge offen gewesen, „aber die begleichen wir gerade“.

Bei der BVG rechnet man derzeit noch. „Es gibt noch offene Beträge“, kam gestern die Bestätigung aus der BVG, doch ob der Schuldenstand tatsächlich an die 300 Millionen Mark betrage, sei unklar, aber über 100 Millionen kämen bestimmt zusammen.

„Bis zum 19. November muß sich der Nebel über den Haushaltslöchern lichten. Dann beginnt die zweite Lesung des Etats. Und die PDS hat bereits einen Bericht wird über die Schuldenlage von der Wirtschaftsverwaltung angefordert. Barbara Junge