■ Querspalte
: E.T. heißt jetzt Boris

Bis vor kurzem kamen die Außerirdischen, wenn sie kamen, in Frieden. Was hatten sie auch auf der Erde verloren, der wüsten, leeren? Wenn dann auch noch Weihnachten drohte hienieden, wollten sie schleunigst nach Hause. Oder wenigstens telefonieren. Armer E.T.!

Es weihnachtet so sehr, und vorgestern morgen ist wieder ein Außerirdischer bei uns gelandet, auf dem Stockholmer Flughafen diesmal. Der Außerschwedische kam aus dem fernen, fernen Rußland herüber und wußte in der Fremde nicht mehr, wo ihm der Kopf stand. Einsamkeit übermannte ihn, und das allgemeine Julklappen ließ den Kummer noch mehr wachsen in seinem Herzen. Wenigstens seinen Koffer hatte er in der Fremde dabei, den Koffer mit dem Kurzschluß nach Hause. Natürlich ist E.T./Boris Jelzin in Frieden gekommen, und er wolle, wie er, vor Einsamkeit schlotternd, den erstaunten Erdlingen verkündete, er wolle die Zahl der Atomsprengköpfe um ein ganzes Drittel vermindern. Er ganz allein. Und sagte dann noch: „Fürchtet euch nicht!“

Nur Boris Jelzin fürchtete sich. Schweden war nicht Rußland, Stockholm so weit, weit weg von zu Hause und weit und breit nichts zu trinken. Der Zorn wuchs gewaltig in Boris Jelzin, und er ergrimmte gar sehr und wollte seine Sprengköpfe nun doch nicht mehr hergeben. Ganz fest klammerte er sich an seinen Koffer. So kalt war ihm, und er wollte doch nur ein bißchen Frieden und Wärme. Wenn er da auf diesen Knopf am Koffer drückte, würde die Welt zwar explodieren, aber dann wäre ihm nicht mehr so mutterseeleneinsam in der Fremde. Sollte er es doch tun? Der Finger berührte schon den Auslöser –

– da endlich kam der Bernhardiner aus der dunklen Polarnacht, und wunderbarerweise trug er um den Hals ein Fäßchen Wodka. Boris Jelzin setzte seinen Koffer ab, breitete die Arme aus für den Hund und nahm ihm das Fäßchen ab. Endlich wie zu Hause. Jetzt kann es Weihnachten werden. Und Friede auf Erden. Willi Winkler