DGB will gegen Krankenhaus-Notopfer klagen

■ Gewerkschaftsbund geht mit Musterklagen notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht

Berlin (taz) – Der prominenteste Verweigerer des Notopfers für die maroden Krankenhäuser ist Ellis Huber. Der Präsident der Berliner Ärztekammer, Mitglied der AOK, sagt: „Ich werde die 20 Mark nicht bezahlen.“ Viele Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherungen dürften seinem Beispiel folgen und die Zahlungsaufforderungen achtlos in den Papierkorb werfen. Es könnte sie teuer zustehen kommen.

Wer sich weigert, die 20 Mark zu berappen, verstößt gegen das Gesetz. Deswegen rät der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zu zahlen. Auch Widerspruch und Klage haben keine aufschiebende Wirkung. Georg Faupel, Leiter des Referats für Sozialrecht beim DGB, rechnet vor, daß die Krankenkassen bei Zahlungsverweigerern jährlich bis zu zwölf Prozent Verzugszinsen aufschlagen können. Zwar dürfen die Kassen erst ab einem Betrag von 50 Mark den Gerichtsvollzieher bemühen und im ersten Jahr wird diese Hürde auch nicht erreicht. Trotzdem sagt Faupel: „Riefe ich zum Zahlungsboykott auf, würde ich den Leuten einen Bärendienst erweisen.“ Der DGB rät zu einem anderen Vorgehen: Das „Notopfer“ solle mit dem Vermerk „unter Vorbehalt der Rechtmäßigkeit“ überwiesen werden.

Ob es die Sonderabgabe nach der Bundestagswahl überhaupt noch geben wird, ist fraglich. „Mit so einem ausgemachten Blödsinn werden wir uns nicht lange befassen“, prophezeit die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Monika Knoche. Eine rot-grüne Regierung werde es sofort aus der Welt schnipsen. Bis zum Regierungswechsel in Bonn wollen die Gewerkschaften nicht warten und schlagen den sicheren Weg des Protests ein. Der DGB will Musterklagen einreichen. Jedes Sozialgericht, von Flensburg bis zum Bodensee, soll sich damit befassen müssen, kündigt Faupel an. Ein Richter werde sich schon finden, der den Fall aussetzt und zur Entscheidung dem Bundesverfassungsgericht vorlege. Der DGB hält das Gesetz unter anderem deswegen für verfassungswidrig, weil nur die gesetzlich Versicherten zur Kasse gebeten werden, die privat Versicherten nicht.

Die Klagen könnten Aussicht auf Erfolg haben. Vorsorglich teilte die AOK gestern mit, daß bei einer „etwaigen Änderung der Rechtslage“ alle, die schon gezahlt hätten, ihr Geld wieder zurückbekommen. Annette Rogalla