175.000 Bayern gegen die Gentechnik

■ Volksbegehren für Kennzeichnung von genfreien Lebensmitteln

Nürnberg (taz) – Bayern ist auf dem besten Weg, als erstes Bundesland ein Gütesiegel für gentechnikfreie Produkte einzuführen. Mit über 175.000 Unterschriften hat ein Aktionsbündnis aus Umweltverbänden, kirchlichen Gruppen, Bündnis 90/Die Grünen und SPD die erste Hürde für ein Volksbegehren genommen. Schon 25.000 Unterschriften hätten ausgereicht, um den endgültigen Bürgerentscheid im Freistaat voranzubringen.

Seit 8. 0ktober liegen in Bayern die Unterschriftenlisten für den Gesetzentwurf aus. Nur Lebensmittel, die frei von gentechnisch veränderten Bestandteilen sind und ohne Anwendung gentechnischer Verfahren hergestellt werden, sollen demnach das kreisförmige Zeichen mit dem weißblauen Rautenmuster tragen. Die strengen Maßstäbe gelten auch für Zusatzstoffe, Aromen oder Enzyme. Die Hersteller der Produkte müssen laut Gesetzentwurf das Gütesiegel von sich aus beantragen und die Kosten des strengen Verfahrens tragen.

Die Initiatoren des Volksbegehren „Gentechnikfrei aus Bayern“ waren von Anfang an optimistisch, daß sie gegen die CSU und den Bauernverband die notwendigen 25.000 Unterschriften zusammenbekommen würden. „Das ist doch ein Klacks, wir wollen mit 100.000 Unterschriften ein politisches Signal setzen“, hatte der Vorsitzende des Bund Naturschutz, Hubert Weiger, vorab betont.

Mit über 175.000 von den Wahlämtern geprüften Unterschriften haben sie dieses Signal gesetzt. Bis zur Übergabe der Unterschriften am 8. Januar an das bayerische Innenministerium dürften noch etliche tausend hinzukommen. Viele der 300.000 verteilten Listen sind noch nicht wieder beim Initiativkreis eingetroffen, und Tausende von Unterschriften wurden noch nicht geprüft. Insbesondere das Kreisverwaltungsreferat in München erwies sich bislang als Bremsklotz. Dort hat man es geschafft, in acht Wochen 62 Unterschriften aus München zu bestätigen.

Vor dem Volksentscheid muß zunächst das Innenministerium den Antrag auf Zulassung prüfen. Dann müssen sich innerhalb von zwei Wochen zehn Prozent der Wahlberechtigten in Bayern (900.000 Bürger) für den Gesetzentwurf aussprechen. Dann befaßt der Landtag sich mit dem Gesetzentwurf. Sollte der ablehnen, könnte es frühestens im Herbst nächsten Jahres zum Volksentscheid kommen. Dann allerdings genügt die einfache Mehrheit. Bernd Siegler