Irische Versicherungen sind wählerisch Von Ralf Sotscheck

Vorige Woche ging es um die Schwierigkeiten bei der Einfuhr eines deutschen Autos nach Irland. Nach Überstehen zahlreicher Widrigkeiten und der schmerzlichen Trennung von Bargeld in bedeutender Höhe schien die Sache erledigt. Doch dann verlangte man einen Versicherungsnachweis, bevor die Behörde mir die Steuermarke aushändigen wollte, ohne die man bei jeder Polizeikontrolle umgehend Ärger bekommt.

Irische Versicherungen sind wählerisch, sie nehmen nicht jeden. Da ich aber ein Dokument meiner deutschen Versicherung vorlegen konnte, aus dem hervorging, daß ich seit meiner Geburt unfallfrei fahre, war ich optimistisch. Völlig grundlos, wie sich herausstellte. Der Versicherungsagent machte ein bestürztes Gesicht, als die Sprache auf das Linkssteuer kam. „Das kostet extra“, meinte er, denn in Irland sei das Steuer normalerweise rechts. Dann verlangte er eine Bescheinigung, daß auch das Auto seit seiner Geburt unfallfrei sei. Diese Hürde ließ sich gerade noch bewältigen. Das stachelte ihn zu immer maßloseren Forderungen an.

Als nächstes verlangte er eine Fotokopie der Führerscheine aller Personen, die das Auto jemals fahren würden. Ich reichte drei Stück ein. Nun wollte er auch Kopien der drei Führerscheinrückseiten. Die tragen zwar weder Nummer noch Namen, sondern sehen völlig identisch aus, aber ich tat ihm den Gefallen. Daraufhin verlangte er eine Bescheinigung, daß alle in Frage kommenden Fahrer lebenslang unfallfrei gefahren sind. In Irland wird die Versicherungsprämie pro Person berechnet. Und wenn die zu jung ist, um Jahrzehnte schadensfrei zu sein, wiegt das noch schwerer als ein Linkssteuer. Ich erklärte mit Engelszungen, daß die deutsche Versicherung überhaupt nicht wissen könne, wer wie oft unfallfrei gefahren ist. Er schien das zunächst zu kapieren, stellte aber am nächsten Tag – diesmal schriftlich – dieselbe Forderung. Inzwischen habe ich drei weitere Kopien aller Führerscheine sowie Bescheinigungen über Farbe, Unfallfreiheit und Motornummer des Autos einreichen müssen, doch der Agent war noch immer nicht zufrieden. Dann stand das Pärchen von der Steuerfahndung wieder vor der Tür. Diesmal verwechselte ich sie nicht – wie noch beim ersten Besuch – mit Zeugen Jehovas, sondern warf gleich den Teekessel an, um sie milde zu stimmen.

Die Strategie war wohl zu durchsichtig. „Sie hatten drei Tage Zeit, um das Auto umzumelden“, sagte er mit dem mir bereits bekannten vorwurfsvollen Ton. „Jetzt sind acht Wochen um, und das Auto hat noch immer deutsche Nummernschilder. Ein anonymer Anrufer hat uns darüber informiert.“ Aha, „Neighbourhood Watch“ hatte wieder mal ein Verbrechen vereitelt. Oder war es der Versicherungsagent?

Ich legte ihnen den inzwischen sehr umfangreichen Briefwechsel mit der Versicherung vor. Das sei ihnen egal, ich könne trotzdem die mir zugeteilten irischen Nummernschilder anbringen. „Dann muß ich bei jeder Polizeikontrolle Strafe zahlen, weil kein Steuernachweis an der Windschutzscheibe klebt“, wandte ich ein. „Den bekomme ich nämlich erst, wenn ich einen Versicherungsnachweis habe.“ Okay, heuchelte der Beamte Verständnis. „Dann zahlen Sie eben Strafe wegen der deutschen Nummernschilder.“