Weddinger Bürgermeister im Alleingang

■ Eklat in Wedding um Partnerschaft mit der türkischen Stadt Fethiye. CDU und Bündnis 90/Die Grünen bremsen gemeinsam selbstherrlichen Bürgermeister Nisblé (SPD)

Die Partnerschaft zwischen dem Berliner Bezirk Wedding und der südtürkischen Stadt Fethiye ist an Streitigkeiten zwischen CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen vorerst gescheitert. Bürgermeister Hans Nisblé (SPD), der während seines Urlaubs im Oktober mit seinem türkischen Amtskollegen Sakir Kandönmez eine Freundschaftsvereinbarung als Vorstufe zur Gemeindepartnerschaft unterzeichnet hatte, erhielt jetzt von der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) eine Abfuhr. Die Bemühungen zur „Herstellung einer Partnerschaft mit Fethiye“ sollen „nicht weiter“ betrieben werden, beschloß die Mehrheit aus CDU und Bündnis90/Die Grünen.

In dem von der CDU eingebrachten Antrag wurde das übereilte Vorgehen des Bürgermeisters gerügt. Der selbstherrliche Weddinger Bezirkskönig Nisblé wiederum zeigt sich beleidigt und trotzig: „Das Ziel gebe ich nicht auf.“ Zum Vorwurf, er sei schnell und ohne Abstimmung vorgeprescht, sagt Nisblé: „Das ist eine Schutzbehauptung der CDU. Der Ältestenrat der BVV war darüber informiert, daß ich in die Türkei reise.“ Nisblé ortet in der CDU „Hardliner am rechten Rand“, die grundsätzlich Vorbehalte gegen eine Partnerschaft mit einer türkischen Stadt hätten. Er wertet den Konflikt als Versuch, sein Ansehen zu schädigen.

Völlig irritiert zeigt sich der türkische Volkswirt Mehmet Ovalioglu, der gemeinsam mit der Ausländerbeauftragten Petra Mikoleit die Städtepartnerschaft angeschoben hatte. „Ich finde es unmöglich, solche Konflikte auf Kosten der türkischen Minderheit auszutragen“, klagt Ovalioglu, der seit Jahren in Wedding lebt, aber seine familiären Würzeln in Fethiye hat. Er befürchtet, daß angestrebte Kooperationen mit Politikern und Unternehmen in Fethiye Schaden nehmen, weil die Betreffenden durch den Rückzug der BVV brüskiert werden. Bei einem Treffen in der 50.000-Einwohner-Stadt habe er mit dem türkischen Landrat vereinbart, daß sprachbegabte Jugendliche aus dem Wedding an die Tourismusfachschule von Fethiye kommen und deutsche Studenten Praktika in dortigen Krankenhäusern antreten. „Die Streitigkeiten sind ärgerlich“, sagt Ovalioglu.

Etliche der 25.000 Türken, die im Wedding leben, kommen laut Ovalioglu aus Fethiye. Der Ort sei gleichzeitig beliebtes Urlaubsziel für Touristen aus dem Wedding. Schon seit zehn Jahren gibt es im Bezirk Bemühungen, mit einer türkischen Stadt zu koopieren. Bereits bestehende Partnerschaften wie die mit dem nordrhein-westfälischen Bottrop und dem japanischen Higashiosaka bergen natürlich weniger politisches Streitpotential. Josefine Janert