Erster Anschlag auf ein Windrad

Stromkabel-Sabotage – diesmal gegen erneuerbare Energie  ■ Von Michael Franken

Eigentlich sollte alles nach Plan laufen. Hermann Lanwermeyer, Geschäftsführer der Windkraft Olzheimer Berg KG, wollte gestern mit zwei 600 Kilowatt starken Windrädern ans Netz gehen. Der Standort in der Nähe des Eifelortes Prümm ist optimal, bescheinigten ihm die Gutachter. Lanwermeyer freute sich auf durchschnittlich eine Million Kilowattstunden Strom, die die Windmühlen pro Jahr auf den windigen Höhen der Hocheifel einfahren können. Doch ihm passierte, was bislang nur AKW-Betreiber kennen: Sein Windrad wurde sabotiert.

Zwei Tage vor Weihnachten sollte bereits eine 800 Meter lange Leitung vom Stromnetz ans Windrad angeschlossen werden. Doch als Rudolf Hoffmann vom zuständigen Stromversorger RWE den Kontakt zwischen den Windmühlen und dem Umspannwerk schaltete, passierte nichts. Hoffmann hatte zunächst überhaupt keine Erklärung. Mit Gas wurde der Kabelmantel unter Druck gesetzt. Das überraschende Ergebnis: Der Druck hielt nicht. Ein Saboteur hatte 18 Nägel ins Kabel gerammt. „Wir mußten ein komplettes Teilstück wieder rausbuddeln“, erklärt RWE-Techniker Michael Knechtges. Reparaturkosten: rund 25.000 Mark.

Die Kripo ermittelt in Prümm, doch noch fehlt eine handfeste Spur von den Tätern. Die Täter werden in den Reihen der Windkraftgegner vermutet. „Die aggressiven Töne der Windkraftgegner, vor allem aus den Reihen des Bundesverbandes Landschaftsschutz, haben mich schon ein wenig beunruhigt“, erinnert sich Windkraft-Betreiber Lanwermeyer. Doch mit so hartem Widerstand hatte er nicht gerechnet.

Im vergangenen Herbst gab es den ersten Spatenstich auf dem Olzheimer Berg. Seit dem Sommer lief eine massive Kampagne gegen das Bürger-Windprojekt Olzheim. „Bürgerräder, die Bürger rädern!“ heißt es im Leserbrief von Wolfgang Dinstuhl, der nebenbei Hausgraphiker des Bundesverbandes Landschaftsschutz (BLS) ist. Ein paar Tage später meldet sich Thomas Mock in Sachen Windpark Olzheim. Mock, Rechtsanwalt und juristischer Ratgeber des BLS, bringt seine Bedenken auf den Punkt. „Ein einziger zufällig verirrter Schuß in ein 200.000 DM teures Rotorblatt macht ein solches Rotorblatt unbrauchbar. Wer haftet dann? Im Zweifel die Anleger mit ihrem Geld“, schreibt er in einem Leserbrief an das Eifel-Journal. Tenor: Liebe Eifelbürger, laßt die Finger von Windkparkbeteiligungen.

Da sei schon eine heftige Anti- Windrad-Kampagne vom Zaun gebrochen worden, sagt Hermann- Josef Philipps von der Fördergemeinschaft Eifelwind. In den bislang ruhigen Eifeldörfern Olzheim, Reuth, Kleinlangenfeld und Neuendorf sei die Saat des BLS aufgegangen. Zahlreiche Anzeigen in den regionalen Blättchen heizten die Stimmung auf. „Eifel in Gefahr“, „50 Quadratkilometer sterbende Landschaft und Heimat“, „Windräder sind hochsubventionierte Scheußlichkeiten“. Die Eifel gehöre allen, nicht nur den Windkraftanlageninvestoren. Nähere Informationen könne man beim Bundesverband Landschaftsschutz in Emmelsbüll-Horsbüll erhalten.

„Bevor Mock angefangen hat, hier gegen die Windkraft zu schießen, war es ruhig“, erklärt Lokalreporter Michael Schmitz. Doch nun häuften sich anonyme Anrufe bei Windkraftbefürwortern bis hin zu telefonischen Beschimpfungen. Und dann der Anschlag auf das Stromkabel.

Zwar gehört das Kabel dem Essener Stromriesen RWE, der die 25.000 Mark Schaden leicht wegstecken kann. Doch auch die Windparkbetreiber sind betroffen. Denn der pünktliche Start zum Drei-Königs-Tag war nun nicht mehr drin. „Wir rechnen mit einer Verzögerung von mindestens vier Wochen“, erklärt Lanwermeyer. Und das ausgerechnet in den windstarken Januarwochen, die zu den ertragreichsten des gesamten Jahres zählen. Schaden geschätzt 50.000 Mark.