■ Bonn apart: Aus gut informierten Kreisen

So, was schreiben wir denn heute mal zum Thema Kanzlerkandidatur Lafontaine/Schröder? Halt! Nicht aufhören zu lesen! Es kommt doch noch ein Schmankerl!

Also, was schreiben wir? „Aus gut informierten Kreisen“? oder lieber „sagte jemand, der aus verständlichen Gründen nicht genannt werden wollte“ oder „hieß es bei der SPD“ oder etwa – fast schon zu konkret: „verlautete aus dem Umfeld Schröders“. Hmm...

Die Formulierung mit dem Umfeld ist zu riskant. Da sind Rückschlüsse möglich. Möglicherweise ist die eine aus dem Umfeld im Urlaub, der andere krank, die dritte würde nie was sagen, der vierte weiß eh nichts und Hillu hat schon gesagt, was zu sagen war. Plötzlich bleibt nur noch eine Person übrig, die was gesagt haben könnte, und die wird dann zu Unrecht verdächtigt. Das wollen wir nicht. Schließlich wollen wir niemandem Schaden zufügen.

Also nehmen wir: „hieß es“. Jetzt brauchen wir nur noch zu finden, was es denn geheißen haben soll. Schauen wir mal im Archiv nach. Was sollen die Politiker schon alles zum Thema Kanzlerkandidatur gesagt haben: Schröder soll in Richtung Lafontaine gesagt haben: „Die fangen an zu tricksen, die Jungs.“ Johannes Rau hat angeblich zu Schröder gesagt: „Selbst wenn du jetzt gewinnst, ist die Kandidatenfrage nicht entschieden“, und Rudolf Scharping wurde die Äußerung zugeschrieben, er werde für Schröder stimmen. Damit haben die Journalistenkollegen schöne Erfolge eingefahren, auch wenn alle Äußerungen dementiert wurden. Andere Kollegen haben die Zitate einfach aufgegriffen. Dann hieße es: „Dem Spiegel zufolge hat Schröder gesagt...“ Quellenwäsche nennt man das.

Hat denn der Lafontaine in letzter Zeit nichts gesagt haben sollen? Prima, nehmen wir doch einfach ihn. Dann hätten wir jetzt also: Es hieß, Oskar Lafontaine... Sagen wir doch, und lassen das alberne Drumherumgerede einfach mal beiseite, lassen wir also Lafontaine sagen: Der Schröder wird nur Kanzler über meine Leiche. Dann hätten wir: „Es hieß, Oskar Lafontaine habe gesagt: ,Der Schröder wird nur Kanzler über meine Leiche‘.“ So, raus damit, bevor das jemand anderes zuerst schreibt. Ach ja, das mit dem versprochenen Schmankerl war gelogen. Weiß ja eh keiner, ob es stimmt. Markus Franz