Diesel macht City zum Ruß-Land

■ Luftbelastung in der Innenstadt durch Benzol und Stickoxid leicht rückgängig. Ruß und Lärm weit über den Grenzwerten. Umweltverwaltung: "rigorose Eingriffe in das Verkehrswesen" nötig

Der Umweltsenator warnt: Wohnen und Arbeiten an Hauptverkehrsstraßen gefährdet die Gesundheit. Denn während die Werte für Stickstoffdioxid und Benzol in der Luft in den letzten Jahren leicht zurückgegangen sind, überschreiten die Belastungen durch Ruß und Lärm deutlich die Grenzwerte. Das geht aus dem Zwischenbericht der Umweltverwaltung zur „Verminderung der Lärmbelastung und Luftverunreinigung“ hervor, der jetzt dem Parlament vorliegt. Auf den zweiten Teil des Berichts, in dem die Konsequenzen für die Verkehrspolitik erörtert werden sollen, warten die Abgeordneten seit dem Abgabedatum Juli 1997 vergeblich.

Der Report der Umweltverwaltung weist zunächst eine erfreuliche Entwicklung nach. So qualmen immer weniger Schadstoffe aus Autos: Die Luftbelastung durch Kohlenmonoxid liegt bei etwa 15 Prozent des Grenzwertes, die Belastung durch Blei bei unter 20 Prozent. Auch bisher kritische Werte für krebserregendes Benzol und Stickstoffdioxid zeigen laut Bericht „eine leichte Abnahme“. Eine Überschreitung gebe es „allenfalls noch an einzelnen Stellen“.

Bei dem ebenfalls krebserregenden Ruß, der aus Dieselmotoren und dem Reifenabrieb entsteht, erwartet die Umweltverwaltung jedoch an 42 Stellen an den Hauptstraßen eine Überschreitung des ab Juli geltenden Grenzwertes von 8 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, an weiteren 527 Abschnitten „können Überschreitungen nicht ausgeschlossen werden“. Insgesamt wird damit gerechnet, daß „an 15 Prozent des Hauptstraßennetzes“ die Grenzwerte für Ruß nicht eingehalten werden können. Dort muß die Verkehrsverwaltung dann zumindest prüfen, ob etwa durch Tempolimits oder Straßensperrungen die Belastung gesenkt werden kann.

Besonders dramatisch ist die Lage bei der Lärmbelastung. Mediziner gehen davon aus, daß bei einer Belastung von über 65 Dezibel am Tag und über 55 Dezibel in der Nacht die Zahl der Herzinfarkte deutlich zunimmt. Damit aber ist flächendeckend zu rechnen, so der Bericht: „Während z.B. an 70 Prozent der bebauten Straßenseiten dieser gesundheitlich relevante Schwellenwert von 65 Dezibel überschritten ist, liegt eine Überschreitung des Pegelwertes von 55 Dezibel nachts an ca. 82 Prozent der Randbebauung vor.“ Betroffen sind nach ausdrücklich vorsichtigen Schätzungen des Berichts tagsüber 168.000 und nachts 192.000 AnwohnerInnen. Damit seien Gefahren für die Gesundheit der Anwohner zu befürchten.

Schlußfolgerung aus dem Bericht der Umweltverwaltung: Es besteht „Handlungsbedarf zur Verkehrslärmminderung“. Wie schwer eine solche Kurskorrektur fällt, zeigt der Bericht selbst: „Die Kfz-Belastung des übergeordneten Straßennetzes hat jedoch eine Größenordnung erreicht, die zur Unterschreitung der genannten Werte rigorose Eingriffe in das Verkehrswesen erfordern würde.“ Das sähe etwa so aus: „Um eine Pegelsenkung von 10 Dezibel zu erreichen, müßte die Anzahl der Kfz einer bestimmten Straße um 90 Prozent reduziert werden.“ Drastisches Beispiel der Umweltplaner: „Für einen Abschnitt der Frankfurter Allee würde dies bedeuten, daß von der derzeit täglich 82.600 Kfz nur noch 5.160 Autos am Tag diesen Abschnitt passieren dürften.“ Bernhard Pötter