■ Berlinalien
: Am besten Psycho

Die wahren Wonnen und synästhetischen Verwicklungen der Berlinale sind natürlich dem Maniker vorbehalten. Der will möglichst viele Filme sehen. So viele Filme, daß sich die Filmrealitäten mit den ganz realen Realitäten so vermischen, daß sie sich schließlich überlappen. Der will den Effekt, daß er aus dem dunklen Kino in den hellen Tag kommt, x-mal am Tag wiederholen. Denn es geht darum, die Filmfestspiele als lebenstechnischen und ästhetischen Ausnahmezustand zu erleben. Der ist bekanntlich eher individuell. Daher ist es auch sinnlos, sich mit Leuten, die nicht wie man selbst ständig im Kino sind, einen Film anzugucken. Das ist so unsinnig, wie sich etwa völlig bekifft mit jemandem zu treffen, der total nüchtern ist. Da klaffen die Erlebniswelten doch zu sehr auseinander.

Individuell verbinden sie sich natürlich: Man rezipiert die Wirklichkeit, die einem begegnet, wie einen Film. Man begegnet auf dem Alexanderplatz jungen Menschen, die weiße Schutzanzüge anhaben und Helme mit Antennen drauf und irgendeinen aufmerksamkeitsheischenden Unsinn machen. Im Film wären das die durchgedrehten Mitglieder einer UFO- Sekte; in der „Wirklichkeit“ machen die Reklame fürs christliche „Radio Paradiso“.

Manches verbindet sich auch zwanglos mit der Filmgeschichte. Nachdem es im Kino grad noch um die Schleyer-Entführung ging, traf ich den Ex-2.Juni-Helden Bommi Baumann und einen Lektor von Fischer. Wir sprachen über Bommis geplantes Drogenbuch, das den Arbeitstitel „Gift“ trägt. Bommi erzählte vom Opium- Krieg. „The Opium War“ wird auch in einem chinesischen Film thematisiert, der im Panorama- Programm läuft.

In der letzten U-Bahn dann ein schlanker, leicht fertig aussehender Mann um die Dreißig in buntem Freizeitanzug. Vermutlich Junkie, würde ich sagen. Und Serial Killer. Der Serial Killer redet ununterbrochen mit sich selbst. Es ging darum, daß Gewalt scheiße sei und nichts bringe, und neulich hätten ihm welche was auf die Nase gegeben. Wenn er denen noch mal begegnen würde, würde er ihnen „die Eier“ abschneiden. Kinderficker seien besonders schlimm und Todesstrafe wäre noch zuwenig für die. Die solle man foltern. Ganz langsam. Körperliche Folter sei noch zu wenig. Am Besten: „Psycho“. „Psycho“ sei am härtesten. Da kenne er sich aus. Wirklich. dk