Somalias Warlords schieben den Frieden vor sich her

■ Die für Sonntag geplante Konferenz zur Einsetzung gemeinsamer politischer Strukturen in Somalia findet vorerst nicht statt. Der Grund: Niemand will als erster ein Stück Macht aufgeben

Mogadischu (taz) – Die für den 15. Februar vorgesehene Versöhnungskonferenz in Somalia, bei der die verschiedenen Milizenbündnisse die Grundlage für eine Übergangsregierung legen wollten, wird verschoben. Ali Mahdi Mohammed, der den Norden Mogadischus kontrolliert und ein Bündnis aus 21 Gruppen leitet, erklärte die Verzögerung mit „logistischen“ Gründen. Tatsächlich hatten Teile seiner Allianz den Boykott der Konferenz verkündet, weil der Konferenzort Baidoa 200 Kilometer nordwestlich von der Hauptstadt Mogadischu unter Kontrolle des Mahdi-Rivalen Hussein Aidid steht und der seine Truppen nicht abgezogen hat.

So bleiben konkrete Ergebnisse des Ende Dezember zwischen Somalias wichtigsten Warlords in Kairo geschlossenen Friedensabkommens aus. Dabei war Mogadischu in der vergangenen Woche in einen Friedenstaumel geraten. Die Erzrivalen Aidid und Mahdi fielen sich öffentlich in die Arme und sangen gemeinsam die Nationalhymne. Einen Tag später strömten rund 80.000 Menschen in das große Fußballstadion in Südmogadischu, um die Warlords reden zu hören. Für die Sicherheit garantierten die Milizen gemeinsam.

Doch schon die für Mittwoch angekündigte Wiedereröffnung des Seehafens und Flughafens von Mogadischu, die nach dem Abzug der UNO-Truppen 1995 nicht mehr benutzt wurden, blieb aus. „Technische Probleme“ seien daran schuld, so Ahmed Daher, der Sprecher von Aidid, in dessen Territorium die Anlagen liegen. Am Rande der Verhandlungen ist jedoch zu hören, daß eine der Milizen, die Anspruch auf den Flughafen erhebt, für den Rückzug 120.000 US-Dollar haben möchte.

Ähnlich verhält sich die Situation mit den Aidid-Truppen in Baidoa. „Selbstverständlich“ würden die Truppen abgezogen, sagt Aidid-Sprecher Daher. Der Termin sei schon festgelegt. Nur könne er noch nicht bekanntgegeben werden. Das Problem ist wohl nicht mangelnder Wille, sondern die Bedeutung des Wortes „kontrollieren“. Zwar „kontrolliert“ Aidid die fruchtbare Region zwischen Mogadischu und Baidoa sowie Baidoa selbst, aber er mußte dafür auch eine Reihe von Allianzen eingehen. Diese Verbindungen halten nur gegen einen gemeinsamen Feind oder aus wirtschaftlichen Beweggründen. Aidid ist deshalb zusammen mit dem dritten wichtigen Milizenführer in Mogadischu, Osman Ato, am Dienstag nach Libyen gereist, um – wie Mahdi- Sprecher Osman behauptet – „den Hut aufzuhalten“.

Doch Osman verhehlt es nicht, daß es auch für Mahdis Allianz schwierig sein wird, alle Milizen zu entwaffnen. „In erster Linie ist es ein Problem der Infrastruktur“, glaubt er. „Wir müssen eine gemeinsame Polizeitruppe aufbauen, die die Milizen kasernieren und entwaffnen kann. Natürlich bräuchten wir dazu Geld, das wir natürlich nicht haben.“ Natürlich vergißt auch Osman deshalb nicht, an die „internationale Gemeinschaft“ zu appellieren.

Viel Zeit bleibt den Milizenführern nicht. Sie stehen unter Druck ihrer Anhänger. „Ihr Führungsanspruch wurde ernsthaft in Frage gestellt“, sagt Mahdi-Sprecher Osman. „Es wäre sehr schwierig gewesen, so weiterzumachen wie bisher.“ Peter Böhm