Rechte Soldaten in Bosnien

■ Sie sollen Albaner mit antisemtischen und neonazistischen Sprüche beschimpft haben. Rühe prüft und fordert Radikalenerlaß

Bonn (taz) – Ein weiterer Vorfall mit rechtsextremistischem Hintergrund hat sich nach Informationen des ZDF-Magazins „KennzeichenD“ im vergangenen Oktober beim Bundeswehrkontingent in Bosnien ereignet. Der politische Aspekt der Angelegenheit soll jedoch bewußt vertuscht worden sein, um Aufsehen zu vermeiden.

Ein Oberfeldwebel und ein Stabsunteroffizier sollen albanische Soldaten als „Scheißjuden“ und „Kanakenschweine“ bezeichnet haben, die früher „einen Genickschuß bekommen hätten“. Außerdem sei die Äußerung gefallen: „Adolf Hitler hätte sie in die Gaskammer gesteckt, dann wäre es vorbei gewesen.“ Die Unteroffiziere wurden nach dem Vorfall nicht aus Bosnien abgezogen. Mehrere Augenzeugen haben dem ZDF gegenüber eidesstattlich versichert, der Rechtsberater der Bundeswehr habe diese Entscheidung damit begründet, daß „wenn die Kameraden nach Deutschland zurückgeführt würden, das dem Heeresführungskommando begründet werden müßte, und wenn dort der rechtsextreme Aspekt auftaucht, daß dieses dementsprechend hohe Wogen in Deutschland schlagen würde“.

Das Verteidigungsministerium hält die Vorwürfe des ZDF für nicht erwiesen. Der Sprecher der Hardthöhe, Wichter, bestätigte zwar, daß es für die Äußerungen der Unteroffiziere zwei Zeugen gebe. Andere Zeugen hätten den Vorfall hingegen nicht bestätigen können. Die Soldaten waren offenbar betrunken. Sie standen in Einsatzbereitschaft, hatten somit gegen den Alkoholbefehl verstoßen und wurden deswegen jeweils mit einer Disziplinarbuße in Höhe von 5.000 Mark bestraft. Die Unteroffiziere hätten, so Wichter, „offenbar auch undeutlich gesprochen“. Er erklärte, der Vorfall und das „Meldeverhalten“ würden abermals umfassend überprüft.

In Bonn ist unterdessen ein Streit über die von Verteidigungsminister Volker Rühe geplante regelmäßige zusätzliche Überprüfung von Soldaten auf ihre Verfassungstreue hin entbrannt. Während der CDU-Abgeordnete Jürgen Augustinowitz sich dagegen wandte, Soldaten pauschal ein besonderes Mißtrauen entgegenzubringen, unterstützte der designierte Generalinspekteur Hans- Peter von Kirchbach das Vorhaben. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Kurt Rossmanith (CSU), sprach sich sogar dafür aus, Extremisten durch einen neuen Radikalenerlaß von der Bundeswehr fernzuhalten.

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, nannte den Plan einem „Schnellschuß aus der Hüfte“. Er warf Rühe „hektischen Aktivismus“ vor. Seit Bestehen der Bundeswehr führe der Militärische Abschirmdienst regelmäßige Sicherheitsüberprüfungen durch, wann immer Soldaten „in eine höhere Verantwortung gestellt“ würden: „Insofern ist das, was vorgeschlagen wird, nicht nur nicht neu, sondern auch völlig überflüssig.“ bg

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