Hoppegarten: Aufs falsche Pferd gesetzt

■ Streit um die Zukunft des größten Hippodroms. Nach der Kündigung der Verträge wissen der Union-Klub, der Rennverein und die Treuhand-Nachfolgeorganisation nicht, wie es weitergeht

Ob am 19. April die Saison in Hoppegarten beginnt und wer der Veranstalter sein wird, weiß derzeit keiner. Denn es streiten sich: der Union-Klub, derzeit Pächter und Rennveranstalter in Hoppegarten; der Rennverein, von 1991 bis 1994 Organisator der Leistungsprüfungen; und die Treuhand-Nachfolgeorganisation BVVG (Bodenverwertungs- und Verwaltungsgesellschaft) als Eigentümer. Es geht um die Zukunft des größten Hippodroms in Deutschland und um viel Geld.

Auf dem Tisch liegen jetzt zwei Erklärungen, eine von der BVVG, die zweite vom Union-Klub: Natürlich widersprechen sich die Verlautbarungen in vielen Punkten. Zum Beispiel, warum der am 3. Februar fast unterschriftsreife Pachtvertrag nicht zustande kam oder was der tatsächliche Grund für Kündigung des zur Zeit bestehenden Vertrages zum 31.12. 98 ist.

Walter Priesnitz, Sprecher der Geschäftsführung der BVVG, verwies auf ungerechtfertigte finanzielle Forderungen, etwa um einen Verlustausgleich (eine Million Mark) für das laufende Jahr und Garantien für die Folgezeit. Verständlich aus der Sicht von Günter Paul, dem Präsidenten des Union- Klubs, denn die Kasse ist leer. Toto-Einnahmen und Sponsorengelder decken nicht die hohen Rennpreise und andere Ausgaben. Ein kostendeckendes Konzept konnte der Klub bislang nicht vorlegen.

Das war jedoch ursprünglich die Hauptforderung der BVVG für eine Vertragsverlängerung. „Wir brauchen einen Partner“, sagte Priesnitz, „der sowohl langfristig Gewähr für anspruchsvolle Rennveranstaltungen bietet als auch nur im unbedingt notwendigen Maße auf den Ausgleich von finanziellen Verlusten bei der Durchführung der Renntage angewiesen ist.“

Der Rennverein Hoppegarten, einst Partner des Klubs, entwickelte schon vor Jahren eigene, abweichende Vorstellungen von der Entwicklung in Hoppegarten. Ein Orientierungsgespräch zwischen Vorstandsmitgliedern des Vereins und der BVVG nahm Klub-Präsident Paul zum Anlaß, den bestehenden Vertrag zu kündigen. „Diese Kündigung bedeutet zunächst, daß die BVVG für 1999 und die Folgejahre einen neuen Betreiber der Rennveranstaltungen bis etwa Mai finden muß.“

Der Klub ist für 1998 vertraglich verpflichtet, Rennen durchzuführen. Er verkürzte das Programm von 15 auf 11 Tage, sehr zum Ärger der einheimischen Rennstallbesitzer, Trainer und Reiter. Die großen internationalen Leistungsprüfungen wie die Berlin-Brandenburg-Trophy oder das BMW-Europa-Championat blieben im Programm. Zusätzlichen Wirbel verursachte die Erklärung, der Union- Klub sei bereit, „den Rennbetrieb ab sofort der BVVG zu übertragen“.

Priesnitz, der wiederholt betonte, die BVVG möchte weiter mit dem Klub verhandeln, sieht sich nun veranlaßt, über Alternativen nachzudenken. Die Pferde scheu macht auch Peter Brauer, Pressesprecher des Direktoriums für Vollblutzucht und Rennen. Als Beobachter der obersten Aufsichtsbehörde des Galoppsports bemerkte er: das Direktorium werde kaum dem Rennverein eine Lizenz zur Renndurchführung in Hoppegarten erteilen. Der Verein habe seinerzeit schlecht gewirtschaftet, und überhaupt sei noch nichts entschieden. Man muß wissen, der Vorsitzende des Direktoriums Franz-Günther von Gaertner ist Vize-Präsident des Union- Klubs.

Die Fronten verhärten sich zusehends. Nach einem Schlichter wird Ausschau gehalten. Paul hofft, daß durch einen harten Eingriff aus dem Bereich Politik notwendige Voraussetzungen für eine Vereinbarung geschaffen werden. Werner Preiß