Persönliches Gespräch unerwünscht

■ Sachbearbeiterin für Beschwerden hat nie mit Häftlingen gesprochen und kennt das Gefängnis nur aus den Akten

Seit zehn Jahren ist Oberregierungsrätin Ilka Renken beim Justizsenator für die Beschwerden der Häftlinge aus dem Knast zuständig – doch die Welt hinter den Mauern des Gefängnisses kennt die blonde, akurat frisierte Frau im dunkelgrauen Anzug und mit edlem Ledertäschchen nur aus den Akten. Sie habe die Beschwerden der Häftlinge grundsätzlich am Schreibtisch entschieden, erklärte sie gestern vor dem Untersuchungs ausschuß, der die Mißstände in der Justizvollzugsanstalt Oslebshausen aufklären soll. Die Haftanstalt habe sie in zehn Jahren selten besucht, räumte Renken ein.

Schon Ende 1995 hatten sich zwei Sexualstraftäter bei ihr darüber beschwert, daß sie von Mithäftlingen bedroht würden. Ein Insasse klagte sogar über Morddrohungen. „Es entspricht den Erkenntnissen, daß Gefangene, die wegen sexuellen Mißbrauchs in Strafhaft sind, von anderen Gefangenen Druck erfahren“, schrieb die Oberregierungsrätin dem Knacki im Januar 1996. „Dabei mag es sein, daß Sie nicht nur mit Worten bedroht werden. Konkrete Wahrnehmungen über Bedrohungen oder körperliche Gewalt gegen Sie wurden von den Mitarbeitern des Hauses III nicht verzeichnet. Sollte es zu Problemen kommen, können Sie sich jederzeit an die Beamten wenden“, riet Renken dem Mann. Gegen neun Beamte, an die sich der Häflting hätte wenden sollen, wird inzwischen wegen Körperverletzung im Amt ermittelt. Wenige Monate nach der Beschwerde wurden Sexualstraftäter von Mithäftlingen verprügelt und zum Teil schwer verletzt. Eine Beamtin muß sich vor Gericht verantworten, weil sie die Zellentüren aufgeschlossen haben soll.

Sie habe grundsätzlich keine eigenen Ermittlungen im Knast angestellt, sondern sich auf die Stellungnahme der Anstaltsleitung verlassen, sagte Renken. Diese Stellungnahme habe sie zum Teil wörtlich in ihre Antwortschreiben an die Häftlinge übernommen. Der Anstaltspsychologe Beyer hatte diese Vorgehensweise als „Pseudo-Prüfverfahren“kritisiert, bei dem die Gefangenen keine Chance hätten. Mitunter hätten die Gefangenen auch angerufen, „nur um zu reden“, erzählte Renken weiter. Sie habe die Knackis dann allerdings angewiesen, ihre Beschwerden „schriftlich“zu formulieren. Persönlich habe sie nie mit den Gefangenen über ihre Beschwerden gesprochen. „Das ist wirklich nicht nötig“, erklärte Renken den sichtbar verdutzten Abgeordneten.

„Sie kennen die Welt des Vollzuges im wesentlichen nur aus Telefonaten und aus den Akten“, faßte Horst Isola (SPD) seinen Eindruck zusammen. Bei der Genehmigung eines Schrebergartens würde die Verwaltung genauer arbeiten, monierte Brigitte Dreyer (CDU). „Die rechtlichen Voraussetzungen werden am Schreibtisch geprüft. Um zu sehen, wie hoch die Sträucher sind, fährt sogar eine Kommission raus. Sie sind aber nie zu den Häftlingen gefahren. Kann ich daraus den Schluß ziehen, daß ein Schrebergärtner mehr Aufmerksamkeitvon der Verwaltung erfährt als ein Gefangener?“Renken stutzte. „Ich denke, daß das ordnungsgemäß bearbeitet wurde“, antwortete sie.

Ihr Vorgesetzter, Hartmut Krieg, brachte Andreas Lojewski (AfB) zur „Verzweiflung“. Immer wieder stellte Lojewski die Frage, wie der ehemalige Leiter des Justizvollzugsamtes die Haftanstalt kontrolliert habe. Kriegs stereotype Antwort: „Ich weiß nicht, was sie aus mir herausholen wollen.“ kes