Americana als Alptraum

■ Chris & Carla, die beiden Sympathieträger der Walkabouts, sind mal wieder solo unterwegs. Auch im Knust machen sie Halt

Ein beliebter Mythos, den Bands, die in ihrer Heimat erfolglos sind, aufbauen, ist die Behauptung, sie seien „big in Japan“. Das kann stimmen oder auch nicht, da die wenigsten Europäer oder Amerikaner japanische Schriftzeichen entziffern können. Die Walkabouts berichten in ihrer amerikanischen Heimat, sie seien „big in Europe“, besonders in Griechenland – wo ja wieder das Schriftproblem auftritt. Doch mißtrauische Fanzineschreiber, die die Walkabouts gelegentlich nach Europa begleiten, können bestätigen, daß zum Beispiel in Deutschland die letzten beiden Alben locker in die Charts eingestiegen sind.

Auch die Platten, die die Sänger, Gitarristen und Anführer der Walk-abouts, Chris Eckman und Carla Torgerson, unter ihren Vornamen veröffentlichten, fanden ihre Heimat in Europa. Das Livealbum Shelter For An Evening wurde bei Akustikkonzerten in Deutschland aufgenommen, auf Nights Between Stations ließen sich Chris & Carla von griechischen Musikern begleiten. Und die beiden regulären Studioalben des Duos erschienen weltexklusiv beim Beverunger Indie Glitterhouse.

Wurde auf Life Full Of Holes noch mit prominenten Kollaborateuren geprotzt (u. a. Peter Buck von REM und die Tindersticks), ist Swinger 500 ein weiteres Dokument der Entwicklung, die Chris Eckman als Songwriter beschreitet. Frühere Platten der Walkabouts waren oft gefangen im allzu traditionellen Americana, auch wenn die Texte einfühlsam von den Verlierern des amerikanischen Traums erzählten. Doch seit dem Wechsel der Walkabouts zum Major Virgin blüht die Musik der Walkabouts auf: Streicharrangements und eine urbane Form der Melancholie verleihen den Songs Tiefe.

Die Qualität bewahren sich Chris & Carla auch in den reduzierteren Arrangements von Swinger 500, die von den Heimorgelrhythmen des gleichnamigen Geräts bestimmt werden, die man eher mit den Homerecording-Easy-Listening-Versuchen von Stereo Total assoziieren würde. Doch bei Chris & Carla wird alles zu schwelgerischer Melancholie. Wunderschöne – auch wenn die Talk Talk-Vergleiche im Presseinfo Humbug sind.

Denn Chris & Carlas Musik mag zwar von romantischen Dandys wie Nick Cave, Robert Forster oder den Tindersticks beeinflußt sein, sie ist aber immer zutiefst amerikanisch. Warum sie dann gerade in Europa so erfolgreich ist? „Die Europäer wollen nicht nur die amerikanischen Tugenden gefeiert wissen“, mutmaßt Chris Eckman, „sie wollen auch immer etwas Kritik hören. Du darfst die Steel-Gitarre spielen, aber you've got to fuck it up a little.“

Felix Bayer

Di, 31. März, 21 Uhr, Knust