Dänemark ist doch legales EU-Mitglied

■ Der Oberste Gerichtshof hat eine Klage abgewiesen, mit der die Mitgliedschaft in der EU als verfassungswidrig aufgehoben werden sollte

Stockholm (taz) – Seit 25 Jahren ist Dänemark Mitglied der EU, doch erst seit Montag 12 Uhr ist klar, daß diese Mitgliedschaft verfassungsmäßig ist. Der Oberste Gerichtshof des Landes gab nach mehrmonatigen Verhandlungen und Beweisaufnahmen eine Entscheidung bekannt, die ein tiefes Aufatmen in Kopenhagen wie Brüssel vernehmen ließ. Ein „Nein“ der elf RichterInnen hätte nicht nur bedeutet, daß die EU plötzlich aus einem Land weniger besteht, als bislang geglaubt, sondern auch die Rechtmäßigkeit aller mit dem „Nichtmitglied“ Dänemark gefaßten Beschlüsse wären in Frage gestellt worden.

Die 1953 verabschiedete dänische Verfassung enthält ein grundsätzliches Verbot, etwas von der Souveränität Dänemarks an übernationale Institutionen abzugeben. Ein Verbot, das nur Ausnahmen „in näher bestimmtem Umfang“ zuläßt, wobei dieser Umfang nie näher bestimmt wurde. Die zehn DänInnen, die die Regierung verklagt hatten, meinten, daß faktisch mittlerweile die EU und der EU- Gerichtshof über weite Teile der dänischen Souveränität das Sagen haben, ohne daß die Verfassung dies eigentlich zulasse. KlägerInnen-Anwältin Karen Dyekjaer- Hansen: „Die einzelnen Länder haben mit der EWG und EU ein Kind geboren, dessen Entwicklung sie nicht länger kontrollieren können.“ Der bloße Verfassungswortlaut war tatsächlich ein wunder Punkt. Schweden änderte beispielsweise bei seinem EU-Eintritt eine ähnliche Grundgesetzbestimmung, um legal Souveränität abgeben zu dürfen. Die dänische Regierung hatte argumentiert, man habe 1953 eine Entwicklung hin zu einer EU noch nicht vorhersehen können. Außerdem handele es sich weniger um eine verfassungsrechtliche als um eine politische Frage. Die Dänen haben bereits in drei Volksabstimmungen ja zur EU gesagt, 1972, 1986 und 1993. Zur Abstimmung im Mai über die Amsterdamer EU-Beschlüsse wird wieder mit einem positiven Ergebnis gerechnet. Reinhard Wolff