Gewehre zur Demoabwehr

OstermarschiererInnen verunsichern britische Soldaten. Mehrere hundert Menschen demonstrieren in Hamburg  ■ Von Heike Dierbach und Kai von Appen

Gestern nachmittag brach plötzlich Hektik aus auf dem britischen Kriegsschiff „Argill“, das zur Besichtigung an den Hamburger Landungsbrücken liegt. Die smarten Jungmatrosen, die auf der Gangway den Besucherstrom regeln sollten, wurden durch stämmigen Männer ersetzt. An Bord bezogen Soldaten im Kampfanzügen und mit „M16“-Maschinengewehren im Anschlag Position. Ab sofort ging nichts mehr ohne Gesichts-, Kleidungs- und Taschenkontrollen.

Der Grund für diese Vorsichtsmaßnahmen war eine Gruppe OstermarschiererInnen, die der alljährlichen Friedensdemonstration einen ungewöhnlichen Ausklang verpaßte: Auf der „Argill“, die zur seit Freitag laufenden Nato-Fregattenparade in Hamburg gehört, machten die jungen GewerkschafterInnen ihrem Unmut über den Flottenbesuch Luft: „Kindergärtenplätze statt Kriegseinsätze!“

Acht Kriegsschiffe befinden sich derzeit an den Landungsbrücken – darunter auch die deutsche Fregatte „Lübeck“. Die BesucherInnen der Nato-Ausstellung reagierten unterschiedlich auf die Proteste. „Das sind die, die nichts zu tun haben“, versuchte eine Mutter nach der Besichtigung ihre kleinen Töchter zu besänftigen. „Einige Besucher gucken so verschämt, als wenn sie beim Pornolesen erwischt würden“, frotzelte dagegen ein Elbbummler.

Zuvor waren mehrere hundert FriedensmarschiererInnen, RüstungsgegnerInnen und Buchautor Hans Walden an den Flüchtlingsschiffen in Neumühlen vorbei zu den Landungsbrücken gegenüber der Werft Blohm und Voss (B+V) marschiert. Sie prangerten die Kriegsgeschäfte der Werft an, die gerade eine Fregatte für die Türkei baurt. Sie forderten den Stopp der Waffenlieferungen an die Türkei und die Wiederherstellung des Grundrechts auf Asyl.

Obwohl die Kundgebung bei den Flüchtlingsschiffen mehrsprachig abgehalten wurde, schlossen sich nur wenige AusländerInnen dem Osterzug an. Etwa 20 Männer beobachteten die Szene vom Eingang der „Bibi Altona“aus. „Das ist schon eine gute Aktion“, meinte der Angolaner Dakar Cannoe, „aber die hätten uns im voraus informieren sollen. Dann hätten wir auch teilgenommen.“Die meisten BewohnerInnen der Schiffe hätten keine Ahnung, warum die DemonstrantInnen gekommen seien.

Bei strahlendem Sonnenschein herrschte dennoch allgemeine Sonntagslaune – Kinder belagerten den Kuchenstand der DKP, ein junger Mann verteilte Osterglocken. Viele ältere Menschen waren dabei - so wie Ilse und Karl-Heinz Zietlow, beide über siebzig und OsteraktivistInnen der ersten Stunde. Nur einmal haben sie einen Marsch versäumt. „Wir haben den Krieg erlebt“, erklärte Ilse Zietlow, „wir wissen, daß es notwendig ist, etwas dagegen zu tun.“