Ausgedehnter Spaziergang mit Kind

■ 42 Kilometer durch Hamburg: Der Shell-Marathon ist auch ein Breitensportereignis

Ein Marathon ist eine Qual. Tausende von Schritten, um ans Ziel zu gelangen, und je näher man ihm kommt, desto schwerer werden die Beine. 42.195 Meter müssen die SportlerInnen überwinden. Der Körper will nicht mehr, und am Ende steht die völlige Erschöpfung. Sollte man meinen.

Tendai Chimussa aus Simbabwe schien jedoch beweisen zu wollen, daß all diese Klischees über den Extremsport nicht stimmen. Er kam beim gestrigen Shell-Marathon als Erster über die Ziellinie, locker laufend. Anschließend wischte er sich das bißchen Schweiß von der Stirn, das sich angesammelt hatte, lächelte ins Publikum und begann Interviews zu geben. Nicht einmal atemlos. „Ich frage mich, wer die ganzen Leute eingeladen hat“, freute er sich über die Zuschauer, „wo immer ich hinkam riefen sie meinen Namen. Woher kannten die mich eigentlich?“

Auch die Siegerin des Frauenwettbewerbs, Katrin Dörre-Heinig, lobte die Begeisterung an der Strecke: „Bei meinem ersten Marathon 1984 habe ich Kopfschmerzen bekommen. Heute war es fast wieder so weit. Der Lärm war manchmal ohrenbetäubend.“Soviel En-thusiasmus hat sich ausgezahlt: Sie lief mit 2:25:21 Streckenrekord in Weltjahresbestzeit.

Doch die sportliche Spitzenleistung ist nicht alles. Der Shell-Marathon ist inzwischen zu einem wahren Volkslauf geworden. Insgesamt gingen ungefähr 11.000 TeilnehmerInnen an den Start. Aus ganz verschiedenen Gründen nahmen sie die Mühen auf sich. Die meisten beantworteten die Frage nach der Motivation etwa so: „Ich laufe vor allem gegen mich selbst und mache es für mich selbst“(Joschka Fischer, 4179. Platz, 3:41:36, siehe auch S.1). Nur ein Mann namens Kurt aus Bergedorf gab eine ganz andere Begründung ab. Ihm ging es nicht um die sportliche Herausforderung: „Ich wollte einmal einen ausgedehnten Spaziergang mit meinem Sohn machen“, sagte er, nachdem er die 42 Kilometer, immer den Buggy vor sich herschiebend, gejoggt war.

Aber nicht nur LäuferInnen, sondern auch RollstuhlfahrerInnen und erstmals InlineskaterInnen nahmen am größten Breitensportereignis in der Hansestadt teil. Allerdings ging es den meisten anschließend nicht annähernd so gut wie dem Sieger. Sie waren nämlich fix und fertig. Eberhard Spohd