Nazis allen Alters in der NPD vereinigt

■ Auf mehr als das Doppelte ist in Berlin-Brandenburg die rechtsextreme NPD im vergangenen Jahr angewachsen

Nicht nur in den östlichen Bundesländern, auch im Bereich der Hauptstadt wächst die Zahl der organisierten Rechtsextremisten rapide. Vor allem die rechtsextreme NPD ist in Berlin im Aufwind. Waren bis 1996 nach Angaben des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) noch rund 80 Mitglieder im Landesverband Berlin- Brandenburg zu verzeichnen, hat sich die Zahl innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt.

Nach Informationen des LfV stammen von den inzwischen 190 NPD-Mitgliedern etwa 130 direkt aus Berlin, etwa 60 aus dem Brandenburger Umland. „In einer Stadt von 3,5 Millionen sind 190 natürlich nicht viel“, sagte gestern der Sprecher des LfV, „aber wir beobachten die Entwicklung aufmerksam. Nach dem Zustrom zur NPD in Sachsen und Thüringen müssen wir auch in Berlin unser Augenmerk auf diesen Zuwachs richten.“

Die NPD profitiert dabei fast ausschließlich vom Zustrom und der Werbung kahlköpfiger Jungmänner. In den vergangenen Jahren hatte sich die Jugendorganisation der NPD, die Jungen Nationaldemokraten (JN), als Auffangbecken für Neonazis aus verbotenen rechtsextremen Gruppierungen und Parteien etabliert. Aus der Nationalistischen Front (NF), der FAP oder der Wiking Jugend sammelten sich militante Rechtsextremisten bei der JN. Inzwischen übernimmt die Mutterpartei NPD diese Funktion des Sammelbeckens. Vor allem aus der FAP wanderten viele Neonazis zur Partei der Ewiggestrigen, darunter auch etliche ehemalige FAP-Führungskader.

Bis vor etwa zwei Jahren war die NPD ein unbedeutender Verein angestaubter Altrechter. „Die eigentliche interne Parteiarbeit der NPD in Berlin und Brandenburg erschöpfte sich seit Jahren in Vortragsabenden und Mitgliederversammlungen“, heißt es dazu in einer Publikation des LfV. Weiter berichtet das Amt von einem „beständigen Rückgang der Parteiaktivitäten“. Durch die Eintritte strammer junger Männer wirkt die NPD jetzt wie reanimiert. Gestern verteilte sie wieder Hauswurfsendungen in Kreuzberg unter dem Motto „Berlin muß deutsch bleiben“. Gehetzt wird gegen „Polit-Bonzen“ ebenso wie gegen Ausländer. „Unsere Parole heißt: Angriff!“ verkünden die Rechtsextremisten, verantwortlich zeichnet der JN-Funktionär Andreas Storr. Erst Anfang April hatte die NPD bei Heimspielen von Hertha BSC Handzettel mit der Aufschrift „NPD für Hertha“ vor dem Olympiastadion verteilt. Hertha erwirkte daraufhin eine einstweilige Verfügung.

Trotz des Verbots der NPD-Demonstration am 1. Mai in Leipzig mobilisieren die Rechtsextremisten in Berlin für diesen Aufmarsch. „In der Szene ist eine große Bereitschaft vorhanden, nach Leipzig zu fahren“, heißt es bei den Sicherheitsbehörden. Es wird mit mehreren tausend Teilnehmern gerechnet. Aktivitäten von Rechtsextremisten am 1. Mai in Berlin erwarten die Behörden derzeit nicht. Barbara Junge