Spenden finanzieren Krieg in Sri Lanka

■ Die Tamil Tiger finanzieren ihren Kampf mit Spenden und Aktionen von Exil-Tamilen. Bürgermeisterin von Jaffna wurde gestern ermordet

London/Colombo (taz/AP) – Mit dem gestrigen Mordanschlag auf die Bürgermeisterin von Jaffna ist die Aussicht auf ein Ende des Blutvergießens in Sri Lanka weiter geschwunden. Zwei tamilische Untergrundkämpfer erschossen Sarojini Yogeswaran und ein weiteres Mitglied des Stadtrats, wie die regierungsnahe Partei „Tamilische Vereinigte Befreiungsfront“ mitteilte. Jaffna ist der wichtigste Stützpunkt der Regierung im überwiegend tamilischen Norden der Insel, der zu weiten Teilen von den Rebellen der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) beherrscht wird. Die sogenannten Tamil Tiger kämpfen in Sri Lanka seit 1983 gewaltsam für einen eigenen Staat – ein Konflikt, der bisher mindestens 50.000 Menschenleben gekostet hat. Frau Yogeswaram war erst im Januar gewählt worden, bei den ersten Kommunalwahlen in Jaffna seit 15 Jahren.

Doch die Tamil Tiger sind mittlerweile keine nur regional agierende Rebellengruppe mehr. Zur Finanzierung ihres Krieges organisieren sie sich in Richtung einer internationalen Interessengruppe, die ihre PR-Aktivitäten sowie die Finanzierung der Kämpfe in der Heimat global koordiniert. Anton Raja, der internationale Sprecher der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE), ist stolz auf sein Büro im Zentrum Londons: „Unser neues Büro ist ein Treffpunkt für Tamilen, lokale Politiker, Journalisten und alle, die sich für unseren Kampf interessieren.“ Im Eingangsraum hängt ein Porträt des Rebellenführers Velupillai Prabhakaran neben einer großen Karte vom Norden und Osten Sri Lankas. Das Gebiet nennt Raja sein Heimatland – Tamil Eelam.

Raja behauptet, das im vergangenen Jahr eröffnete Londoner Büro symbolisiere die Stärke der Tiger trotz jüngster Rückschläge: Im Januar wurden die Tamil Tiger in Sri Lanka offiziell verboten. Im November setzte die US-Regierung die Tiger auf ihre Liste „terroristischer Gruppen“. Und auch die britische Regierung bereitet gerade ein neues Gesetz vor, das die Londoner Aktivitäten der LTTE beenden könnte. Das Gesetz, das im Jahr 2000 in Kraft treten soll, verbietet die Unterstützung terroristischer Aktivitäten im Ausland durch Tätigkeiten wie Öffentlichkeitsarbeit oder Fundraising. Die britische Regierung reagiert damit auf die Kritik vieler Staaten, die London vorwerfen, Terroristen Zuflucht zu bieten.

Die Mitarbeiter des LTTE-Büros veröffentlichen von London aus rund 30 Zeitschriften und betreuen zirka 60 Internet-Seiten. Ihre Aktivitäten sollen helfen, die 450.000 Tamilen außerhalb Sri Lankas davon zu überzeugen, sich für den Krieg um Tamil Eelam einzusetzen.

Raja sagt, er mache sich über die neuen britischen Gesetze keine Sorgen. Die LTTE würde nicht aufgeben, sondern gerichtlich vorgehen. Das britische Gesetz wird von Bürgerrechtsgruppen bereits wegen Einschränkungen der Meinungsfreiheit kritisiert. In den USA beauftragte die LTTE den Exgeneralstaatsanwalt Ramsey Clark damit, die Organisation gegen die Terrorismusvorwürfe juristisch zu schützen.

Laut einer Sprecherin des deutschen Bundesverfassungsschutzes, der die LTTE beobachtet, hat die Organisation in Deutschland rund 650 Mitlieder, die rege Aktivitäten entfalten. Gruppen wie der deutsche „Welt Tamilen Verein“ in Wuppertal zum Beispiel führen neben Bildungs- und Kulturveranstaltungen auch solche zur Geldbeschaffung bei den 40.000 in Deutschland lebenden Tamilen durch. Laut des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzberichts von 1997 nehmen in Deutschland immerhin die Versuche bestimmter Tamilen-Gruppen ab, „Spenden“ zu erpressen: „Bei der Geldbeschaffung gehen sie nunmehr äußerst geschickt vor“, so der Bericht: Kulturveranstaltungen und Musikwettbewerbe seien jetzt die Hauptattraktionen. Hugh Williamson