Akzeptanz und Verweigerung

■ Jennifer Herrema und Neil Hagerty von Royal Trux stellen Rockklischees bewußt zur Schau und negieren sie im Lärm

Pärchen in Rockbands sind meist so eine Sache für sich. Da gab's schon immer ruhige Reihenhaus-Ehen wie bei Yo La Tengo oder 11th Dream Day (Mutti trommelt), intellektuelle Diskurslieben (Stereolab, Sonie Youth) oder das stets unterhaltsame Modell Taylor/Burton in den Variationen Blondie, Bongwater oder Boss Hog. Und es gibt die scheinbar ewig währende Teenagesex-Komödie, die weder von der Zeit noch von eventuellen Mitmusikern getrübt werden kann. Jennifer Herrema und Neil Hagerty von Royal Trux sind so ein Paar. Seit Mitte der 80er Jahre und sieben Alben hocken die beiden Ex-Junkies nun schon zusammen, spielen Rockmusik oder das, was sie dafür halten.

Ein für Außenstehende solipsistisch anmutender Alptraum aus Boogie, Rock und Boogaloo. Manche nennen das, was Royal Trux so gekonnt inszenieren, „Antirock“. Letzteres setzt freilich ein affirmatives Verhältnis zum Rock voraus, wofür in diesem Fall eine fast bedingungslose Verehrung der Rolling Stones spricht – tatsächlich klingt vieles von Royal Trux so wie Stones auf cold turkey.

Andererseits sprechen die von einer bohèmehaften New Yorker Noise-Dialektik geprägten Akzeptanz-Verweigerungs-Spielchen der Band eher für das, was man „Pulp-Noise-Rock“ nennen könnte: Einer bewußten Zurschaustellung aller Rockklischees inklusive Kunst, Kitsch und Kommerz, bei gleichzeitiger Verneinung durch Lärm.

Jennifer Herrema, die schon mal für Calvin Klein posierte, vereinigt dazu alle Rockbitch- und Superglamgirl-Zuschreibungen auf sich. Mit dunkelblondem Pony über der Sonnenbrille und einem Kühlergrill als Gürtelschnalle mimt sie die schmollmundige Lolita, während die anderen schuften. Und als Royal Trux für das vorletzte Album zur Industrie gingen, gaben sie sich selbst willig dem „Corporate Rock“-Design hin: Man ließ Tourneen platzen, verpulverte einen Haufen Geld und bekam als Ergebnis eine neue Rock-Scheibe und ein superfettes Bandlogo (RX).

Mit Accelerator und der Rücckehr zu ihrem alten Label gelang ihnen jetzt eine sprichwörtliche Beschleunigung im Sinne von viel zu viel Gas im ersten Gang. Eine hochtourige Angelegenheit, fehl-startend und stotternd, mit vielen fiesen Motorengeräuschen, dabei aber immer blankpoliert wie die Auspuffrohre einer Zuhälter-Corvette. Eine bescheidene Antwort auf soviel Coolness gibt das Booklet: „They believed in sex and looking good, with their own brand of music.“ Pärchen-Rock galore.

Michael Hess

mit Tiger Beat: Fr, 22. Mai, 21 Uhr, Molotow