Bertelsmann hat angeblich keine Angst vor Murdoch

■ Trotz der Brüsseler Entscheidung will der Konzern seinen Premiere-Anteil nun aufstocken

Der Bertelsmann-Konzern will trotz des Brüsseler Verbots für seine Fusionspläne mit Kirch auf jeden Fall 50 Prozent am Pay-TV- Sender Premiere übernehmen. Er zieht diese Lösung der Suche nach einem dritten Partner für den Sender vor. „Wir wollen nun auf 50 Prozent aufstocken“, sagte Ewald Walgenbach, der Vizechef von Bertelsmanns Fernsehtochter CLT-Ufa, im Gespräch mit der taz. Kartellrechtliche Probleme erwartet er bei der Übernahme nicht: „Wir denken, daß wir gute Chancen haben.“ An Premiere, das bisher maßgeblich von Bertelsmann gesteuert wird, sind bisher schon Bertelsmann (mit 37,5 Prozent) und Kirch (mit 25 Prozent) beteiligt. Mit dem Brüsseler Verbot ist ein Übergehen der restlichen 37,5-Prozent vom französischen Canal + auf Bertelsmann und Kirch unmöglich geworden – die Franzosen wollen die Beteiligung jedoch nicht mehr. Zur Frage nach der Zukunft dieser frei flottierenden Beteiligung sagte Walgenbach, man halte es für möglich, die auf 50 Prozent fehlenden Anteile zu übernehmen. Bertelsmann hatte früher einmal seine Premiere-Beteiligung mit der von Canal + gemeinsam ausgeübt.

Was die Kirchsche Premiere- Beteiligung angeht, herrschen möglicherweise andere Bedingungen für eine Aufstockung. „Was Kirch mit seinem 25-Prozent-Anteil macht, ist seine Entscheidung. Ob er ihn ebenfalls in dieser Weise aufstocken will, kann ich nicht sagen“, sagte Walgenbach. Auf jeden Fall will die Bertelsmann-Seite nun die Abmachung von Kirch und Bertelsmann umgesetzt sehen, nach der Premiere auch im Verbotsfall digital ausgebaut wird. Gespräche darüber, so Walgenbach, würden mit Kirch in dieser Woche geführt: „Kirch hat sich verpflichtet, 75 Prozent seiner Filmrechte an Premiere zu verkaufen. Wir würden aber auch gerne 100 Prozent nehmen.“ Angst, daß Kirch unter dem Druck seiner Finanzprobleme nun abspringt, hat Walgenbach nicht: „Wir gehen davon aus, daß Kirch sich an diese Verträge hält.“ Andere Abnehmer für Kirchs Filmrechte seien derzeit nicht in Sicht. Die Welt am Sonntag hatte berichtet, Kirch habe Verhandlungen mit dem Medienzaren Rupert Murdoch über gemeinsame Pay-TV-Pläne aufgenommen. Walgenbach sagte, darüber kenne man „nur Spekulationen“. Murdoch sei ein „alter Bekannter“ für die Bertelsmann-Seite, mit dem man etwa beim Sender Vox „sehr gut“ zusammenarbeite.

Überlegungen, nun eine neue Pay-TV-Plattform mit mehr Partnern zu bilden, lehnt man bei der CLT-Ufa derzeit ab: „Diese Frage stellt sich für uns im Augenblick nicht.“

Auch die Technik Plattform d-Box wird einstweilen nicht in Frage gestellt – auch wenn das Gerät in den nächsten zwei Wochen bei Premiere noch einmal einer intensiven Prüfung unterzogen werden soll, wie viele Daten es durchleiten kann. „Wir wollen nach wie vor mit der d-Box arbeiten“, sagte Walgenbach zur Frage nach neuen Plattformen. Er verwies darauf, daß nachdem Verbot nun mehr Kirch allein die Technikfirma betreibe, die die d-Box-Technik kontrolliert: „Die Beta-Research gehört nun einmal Kirch“. Lutz Meier