Mogul auf Stippvisite

Medienbösewicht Rupert Murdoch beehrt einen Ministerpräsidenten und bringt einen Medienkongreß in Wallung  ■ Aus Köln Lutz Meier

Der Mann, der nun vom Podium geht, hat seine Geschäfte hier fast erledigt. Er hat Artigkeiten zum Gastgeber gesagt, ist einige Wolkigkeiten über seine Geschäfte losgeworden und hat mit ein paar Bemerkungen über Grundstücke in Köln und den deutschen Medienmarkt die Hoffnungen der Standortpolitiker am Leben erhalten. Würde er jetzt nicht so wohlummäntelt von irgendwie finster aussehenden Begleitern zum Dinner die Treppe herunterstürzen und der Ministerpräsident hintendrein, hätte Wolfgang Clement nicht so eindringlich geschaut bei seiner Begrüßung – beinahe hätte man übersehen, worum es hier geht, beim Medienforum in Köln: Macht, Geld und Medien.

Schließlich sieht Rupert Murdoch wie ein netter älterer Herr aus. Der Auftritt des Medienmoguls Murdoch am Sonntag abend in Köln war dennoch ein bißchen wie ein Staatsbesuch. Was würde er wohl mitbringen, der Mann mit dem Firmensitz in Sydney? Der Mann, der ein weltumspannendes Satellitennetz betreibt, einer der Medienherrscher der Welt? Würde er „einen Haufen Geld“ bringen, wie vorher der frischgebackene NRW-Regierungschef Clement prophezeit und sich dabei die Hände gerieben hatte? Mit verschworener Miene raunte sich die Branche Summen zu, Sendernamen, deren Kauf Murdoch ganz bestimmt ankündigen würde. Nun, wo er da ist, nennt die Szene auf dem Kölner Medienforum wissend Details aus seinem Terminplan: „Jetzt ißt er mit Gerhard Schröder.“ Essen mit Schröder!

Immerhin soll Murdoch Tony Blair an die Macht gebracht haben. Und Wolfgang Clement und Gerhard Schröder sitzen später bei einem Empfang auch irgendwie so entspannt in ihrer Zigarrenrauchwolke. Doch so viel internationale Geld- und Medienmacht benebelt nicht nur deutsche Ministerpräsidenten. Daß Murdoch nach Deutschland kommt, um einen kleinen Vortrag zu halten, war schon im Vorfeld Botschaft genug. So blieb für den Besuch selbst gar nicht mehr soviel übrig. Endgültig klar ist nur: Daß Murdoch kommt, heißt, daß Murdoch auf den deutschen Markt kommt. Was will er aber nur hier?

Rupert Murdoch hat zwar überall auf der Welt Zeitungen (wie die britische Times und die Sun), Fernsehsender (wie Großbritanniens Pay-TV BSkyB, das US-Network Fox und eine Vielzahl asiatischer Sendeketten) und Studios (wie Hollywoods 20th Century Fox). Aber Deutschland, „den größten Medienmarkt jenseits der USA“, wie Murdoch anerkennend sagt, hat er bislang links liegenlassen. Hier hat er nur eine 49,9-Prozent- Beteiligung beim Minisender Vox, die er früher mal mehr oder weniger zufällig einsteckte.

Mit Vox würde er nun schon gern zum dritten Mann auf dem bislang zwischen Bertelsmann und Leo Kirch aufgeteilten deutschen Fernsehmarkt werden. Vox könne einer der ganz wichtigen Sender werden, schwärmt Murdoch, zehn Prozent der Zuschauer erreichen und damit zu der führenden Gruppe aus RTL, ARD, ZDF, Sat.1 und Pro7 aufschließen (derzeit krebst Vox bei drei Prozent herum). Dafür würde der Unternehmer eine Menge Geld in den Sender stecken, 700 Millionen, hat er wohl erzählt. Für Filme und Sportrechte? Oder um die Mehrheit bei dem Sender zu übernehmen? Es gibt nämlich ein Problem. Bei Vox, einst unter chaotischen Bedingungen von Clement und Bertelsmann aufgebaut, hat ebenjener Konzern aus Gütersloh mit einer Minderheitsbeteiligung noch ein Wort mitzureden. Und den Bertelsmann-Managern dürfte es kaum schmecken, wenn Murdoch nun Vox gegen ihren Marktführer RTL ins Rennen schickt. Man weiß also nur, daß Clement eine dritte Kraft will.

Der Staat müsse „Dienstleister“ sein für die Medienwirtschaft, sagt der Regierungschef, als public consultant stellt er sich ihn vor: eine Art Unternehmensberatung, mehr nicht. Mögliche Investitionen in das Medienland Nordrhein-Westfalen machen Hoffnungen, die die Angst vor den Medienmoguln vertreiben. Schließlich brächte Murdoch ja auch Wettbewerb, und wegen des Wettbewerbs hat doch die EU-Kommission den Alleinherrschern Bertelsmann und Kirch das Leben schwergemacht.

Clement ist noch nicht am Ziel. Murdoch indes hat es drei Tage und ein paar freundliche Worte gekostet, um vom internationalen Medienbösewicht zum Heilsbringer für NRW zu werden. Dabei war der Name Murdoch noch vor kurzem eine probate Waffe der hiesigen Konzerne gegenüber „ihren“ Politikern: Wenn Bertelsmann und Kirch denen mal erzählen wollten, wie gut sie es doch haben mit den netten Medienkonzernen hier, die keine Regierungschefs machen wollen, sondern nur ohne lästige Konzentrationsregeln ihre Geschäfte, dann nannten sie seinen Namen: Murdoch, der skrupellos politischen Einfluß ausübt, Murdoch, der skrupellos chinesischen Diktatoren entgegenkommt, mit denen er Geschäfte machen will, etwa wenn denen ein Buch aus Murdochs Verlag zu kritisch ist (fliegt aus dem Programm!) oder die Berichterstattung eines Kanals auf Murdochs Satelliten (dito). In Deutschland plaudert der Medienmogul ganz entspannt darüber, wie er mit seinen Redaktionen umgeht, damit anschließend die politische Linie stimmt. Und wie man den Wünschen der chinesischen Machthaber schon mal ein wenig entgegenkommt, wegen des Geschäfts.

In Deutschland wolle er sowieso keinen politischen Einfluß, hat Rupert Murdoch gesagt, und Probleme wie in China hätte er hierzulande auch nicht. Hier will Wolfgang Clement ihm entgegenkommen, hat der Ministerpräsident ihm wohl bedeutet. Auch wegen des Geschäfts.