Hungerstreik vor ehemaligem KZ

■ Protest in Auschwitz soll Verbleib eines Holzkreuzes erzwingen

Warschau (taz) – Der Kampf um das illegal aufgestellte, acht Meter hohe Kreuz vor den Toren des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz nimmt allmählich bizarre Formen an: Drei Mitglieder des „Gesellschaftlichen Komitees zur Verteidigung des Kreuzes in Auschwitz“ sind jetzt in einen unbefristeten Hungerstreik getreten. Mit dieser Aktion soll eine eindeutige Stellungnahme sowohl des Primas der katholischen Kirche Polens als auch des polnischen Ministerpräsidenten erzwungen werden. Jerzy Buzek und Kadinal Jozef Glemp sollen sich klar für den Verbleib des Kreuzes aussprechen.

Der Streit vergiftet seit Monaten die christlich-jüdischen Beziehungen in Polen. Zum einen steht das Holzkreuz außerhalb der umzäunten Gedenkstätte in der sogenannten Kiesgrube. Hier erschossen die Nationalsozialisten 1941 zahlreiche polnische Widerstandskämpfer. Insofern ist die Inanspruchnahme dieses Platzes als „jüdischer Friedhof“, auf dem christliche Symbole nichts zu suchen haben, nicht gerechtfertigt. Das eigentliche Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ist drei Kilometer vom Stammlager und der Kiesgrube entfernt.

Andererseits ist das Kreuz in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aufgestellt worden, ohne die Genehmigung des Bürgermeisters von Oswiecim oder des zuständigen Bischofs von Bielsko-Biala. Rechtlich gesehen hätte es also längst entfernt werden können. Dem Komitee zur Verteidigung des Kreuzes in Auschwitz, dessen Gründung auf den Antisemiten Kazimierz Switon zurückgeht, hat es aber geschafft, das „Papstkreuz in Auschwitz“ zu einer „nationalen Frage der Ehre“ zu machen. Es sei, so die Verteidiger des Kreuzes, besonders „heilig“, da der Papst 1979 auf seiner ersten Pilgerreise nach Polen davor eine Messe gehalten habe. Es könne nicht durch ein kleineres ersetzt werden, das nicht mehr die Stacheldrahtzäune überragen würde. Einer solchen Lösung hatten jüdische Organisationen zugestimmt. Gabriele Lesser