Mon Dieu Mondial
: Deutschland vor!

■ Noch ein Tor: Wider die Bertihasser und international korrekt gesinnten Linkshaber

Darf ein fußballbegeisterter Mensch, der den Kopf nicht nur zum Haareschneiden hat, für die Deutschen brüllen? Niemals, funkte die taz bei der letzten EM geläutert aus ihrem nationenübergreifenden Bunker und hub an, schweres Argumentationsgerät aufzubauen. Wir notieren: Dummschädel Basler, Weichei Möller, Dumpfbeutel Matthäus, Stolperstürzer Klinsmann samt Pater Egidius und Kohlfreund Berti, hymnejauchzend die ganze Bande, aber uninspirierten Roboterfußball spielend, das Feld umstellt von Neonazi-Pöbel-Fans, Geldhaien, Werbefuzzis, die Kriegsersatzhandlung kommentieren infantile Dampfplauderer à la Töppi, Rubi, Waldi und Co. Wer kann da noch für die Unsrigen sein? Nur Verrückte!

Gut, wir sind schwer überzeugt. Nie wieder tumbe Tretgermanen, wir suchen – Aktion sauberer Rasen – nach satisfaktionsfähigen Alternativen. Die Bertihasser zeigen uns, wo wir sie finden: „Niederländisches Fußballfiligran“, „wunderbar abgezockte Italiener“, „Englands archaischer Urstil“. Fangen wir bei den Niederländern an. Da haben wir Dummschädel Kluivert, der gleich im ersten WM-Spiel wegen Tätlichkeit vom Platz flog. Sonst ist er noch hervorgetreten als der Vergewaltigung angeklagter Fußballfiligran. Der Prozeß beginnt nach der WM. Im Jahr zuvor hatte er per Sechszylinder eine Passantin tot gefahren, um Wochen später besoffen von der Polizei gestoppt zu werden.

Unter den übrigen Filigranen tobt der Streit: Farbige gegen Weiße, Prügeleien inbegriffen. In diesem Jahr sind drei Friedensstifter angeheuert worden, darunter Völler-Bespucker Frank Rijkaard, um das Betriebsklima der Orangenen zu richten. Chef der Hellhäutigen sind die Brüder de Boer, sonst noch hervorgetreten als unerschrockene Kämpfer gegen die Armut. Sie fordern die Befreiung der Topspieler von der Geisel des Spitzensteuersatzes. Begründung: Sie hätten so viel fürs Vaterland getan.

Wie gut, daß es noch die „wunderbaren Italiener“ gibt. Zum Beispiel Dummschädel Baggio, der seine Finanzgeschäfte kriminellen Anlageberatern anvertraut. Alle Fußballspieler der Serie A belegen Rhetorikkurse, damit ihre Nullsätze störungsfrei über den Sender gehen, der dazu computergesteuerte Bandenwerbung einblendet, wo gar keine ist. Im Studio sitzen Reprospezialisten, die passend zur Kameraführung virtuelle PR-Zeilen aufs Feld werfen. Dazu rassistische Ausfälle der Fans gegen Schwarze, Dopingskandale (Peruzzi), verschobene Spiele, silikongefüllte Reporterinnen und die Hochfinanz à la Berlusconi, Agnelli, Moratti, die untereinander Spitzenspieler wie Gummibärchen verticken und sich Klubs als Spielzeug halten.

Bleiben die „archaischen Engländer“. Da könnte man was über den ewig rülpsenden Dummschädel Gascoigne erzählen, wie er seine Frau verprügelt und in Flugzeugen randaliert. Man müßte die Anzahl zertrümmerter Hotels englischer Nationalteams hochrechnen, über Koks, Alkohol und Bestechung in der Premier League plaudern, über das Ende des Spielers Justin Fashanu in der Garage mit gebrochenem Genick.

Nehmen wir zur Kenntnis: Dummschädel und Dumpfbeutel sind ubiquitär. Die Deutschen sind nicht schlechter als die andere Bagage, ihr Inbrunstfaktor beim Hymnesingen liegt allenfalls im unteren, ihre Restintelligenz im oberen Mittelfeld. Es gibt nur einen Unterschied: Wir kennen sie. Man muß sie deshalb nicht lieben, aber wenn man sie liebt, ist es okay. Sich für einen besseren Menschen zu halten, nur weil man Deutschland Scheiße findet, ist die lächerlichste Lebenslüge miefiger Linkshaber. Manfred Kriener

Der Autor ist freier Journalist