Nazi-Vergangenheit verdüstert Bilanz bei Diehl

■ Der Rüstungskonzern steigert seinen Umsatz und hat langfristige Rüstungsaufträge. Seniorchef Karl Diehl taucht in US-Dokumenten als Sponsor einer rechtsextremen Partei auf

Nürnberg (taz) – Mit knapp über drei Milliarden Mark Umsatz, erzielt von 12.896 Mitarbeitern, befindet sich der Nürnberger Metall-, Elektronik- und Rüstungskonzern Diehl im Aufwärtstrend. Die Präsentation der „erfreulicher als erwarteten“ Bilanz wird jedoch überschattet durch das Auftauchen neuer Dokumente, die eine ideologische Nähe des Seniorchefs Karl Diehl zum Nationalsozialismus belegen.

„Natürlich lesen auch unsere Kunden Zeitungen“, betont Konzernsprecher Dirk-Michael Zahn gegenüber der taz, deren Anwesenheit bei der Bilanzpressekonferenz „aus verständlichen Gründen nicht erwünscht“ sei. Schließlich hatte die taz im Vorfeld von Karl Diehls Ernennung zum Ehrenbürger der Stadt Nürnberg aufgedeckt, daß die Firma jüdische KZ- Häftlinge in polnischen Diehl-Fertigungsstätten beschäftigt hatte. Nach langem Schweigen und zahlreichen Dementi rang sich der Konzern dann Ende Mai dazu durch, freiwillig etwa zwei Millionen Mark an die Überlebenden zu bezahlen.

Auch die neuerlichen Funde in den Akten der US-Militärregierung kann man im Hause Diehl „nicht nachvollziehen“. In zwei Geheimdienstdossiers aus den Jahren 1946 und 1949 ist vermerkt, daß der Industrielle Karl Diehl „wiederholt als Sponsor des Deutschen Blocks“, einer rechtsextremen Splitterpartei, erwähnt werde. Zudem gebe es in der Diehl-Belegschaft Proteste gegen die Beschäftigung „mehr oder weniger aktiver Nazis in Führungspositionen“. Ein „jüdischer Strohmann“, der die „anderen leitenden Angestellten deckt“, habe „als Manager signiert“. Selbst der Nürnberger CSU-Oberbürgermeister Ludwig Scholz hat inzwischen die Diehl- Familie zu einer Erklärung aufgefordert.

„Negative Auswirkungen dieser Berichterstattung vor allem auf Kunden aus den USA und Israel, so betont Diehl-Sprecher Zahn, seien bislang „nicht festzustellen“ gewesen. Man wisse eben, daß hier nur ein „rein politisches Spiel gegen Diehl“ getrieben würde. So konnte Diehl seinen Umsatz gegenüber dem Vorjahr um 12,4 Prozent steigern. Wie üblich wurde der Gewinn nicht genannt.

Während der Geschäftsbereich Uhren stagniert, boomen die Bereiche Metall und Elektronik. Auch in der Rüstungssparte gibt es zufriedene Gesichter. Schon Mitte Juni war Verteidigungsminister Volker Rühe nach Nürnberg gereist, um mit Juniorchef Thomas Diehl die neuen Aufträge zu verkünden: den Beschaffungsauftrag für den deutschen Bedarf an der Suchzündermunition Smart, die Sprecherrolle für Diehl beim internationalen Entwicklungsvorhaben einer Lenkrakete für Raketenwerfer sowie den Entwicklungsvertrag für das Nachfolgeprogramm des Sidewinder-Flugkörpers Iris-T. Etwa 30 Prozent des Umsatzes entfallen auf die Wehrtechnik, zu der auch Minen und Minenräumgeräte gehören. Bernd Siegler