Mehr als sexy, keß und exotisch

■ Gesichter der Großstadt: Cecile Dütsch, begehrtes New-Face in der Medienbranche, kämpft gegen Klischees. Die Ex-Krankengymnastin arbeitet als Model und Reporterin Von Jens Rübsam

Von Jens Rübsam

Als würden sich die Journalisten hinter ihrem Rücken absprechen: Irgendwo im Text steht immer „sexy“, irgendwo immer „keß“. Meist ist von „Traum-Figur“ die Rede, manchmal auch von „Model-Figur“. Stets finden ihre gepiercte Zunge Erwähnung und ihre Vorliebe für Pommes mit Majo. Am Ende wird sie oft gefragt: Pommes mit Majo und Top- Figur? Wie paßt das zusammen?

Da steht sie nun, an einem sonnigen Montagmorgen auf der Terrasse des Lokalsenders TV.Berlin. Cécile Dütsch, 25, ist dezent geschminkt. Sie hat „ein makelloses Gesicht“, schrieb ihr das Management in die Vita. An der rechten Hand hängt eine riesige Taucheruhr. „Feine Frauenuhren“, sagt sie, „sind nichts für mich.“ Sie hat Lockenwickler im Haar und ein langes schwarzes Kleid an. Am Fuß ist ein zartes Band mit einer kleinen Eidechse zu sehen, „ein Freundschaftszeichen“, sagt sie lächelnd und räkelt sich am Geländer, mit eleganten Bewegungen. Sie scherzt und kokettiert unentwegt, und schon ist man versucht, Adjektive wie schön, sexy und keß und Beschreibungen wie Traum-Figur und Model-Figur im Schreibblock zu notieren. Sie ahnt das und sagt: „Ich will nicht mehr in eine Schublade gesteckt werden.“

Cécile Dütsch, eines „der begehrtesten New-Faces“, wie ihr Management sie gern bezeichnet, weiß, daß sie da längst drin ist. Auf der Schublade könnte stehen: „Junge schwarze Schönheit.“ Verflixt, wie kommt man da nur wieder raus?

Reingekommen ist sie, weil sie schön, sexy und keß ist, weil sich dieser Typ junge Frau in der Mode-, Film- und Fernsehbranche gut vermarkten läßt, und weil es heutzutage schick geworden ist, eine „exotische Schönheit“ über Laufstege zu schicken und auf Bildschirmen zu präsentieren. Für Jean-Paul Gaultier und Wolfgang Joop hat Cécile Dütsch gemodelt; für TV.Berlin ist sie wöchentlich als Lifestyle-Reporterin unterwegs; für Viva steht sie immer samstags vor der Kamera; für RTL2 wird sie am Wochenende erstmals live die Love Parade kommentieren; für die ARD hat sie gemeinsam mit Mark Oh den offiziellen „Tour de France“-Song aufgenommen; für „Gute Zeiten – Schlechte Zeiten“ war sie die Maria Paiva, eine nette Beilage für die männlichen Hauptdarsteller.

Wie war es eigentlich bei „Gute Zeiten – Schlechte Zeiten“? Eine Frage, mit der man Cécile Dütsch leicht in Rage bringen kann. Nicht, daß sie es bereut hat, drei Monate in der Daily Soap mitgespielt zu haben. „Das war eine Erfahrung“, sagt sie nüchtern, und doch klingt es ein wenig genervt. Genervt vor allem, weil sie durch „alle Betten der Hauptdarsteller“ tanzen mußte und einmal sogar einen Schwulen „mit einer Nummer auf einem Billardtisch“ bekehren sollte.

Trotz Patzer kommt sie peppig rüber

„Zu spät“ hat sie gemerkt, wie „platt“ die Drehbücher, wie „arrogant“ die Schauspieler sind. „Die waren nicht einmal in der Lage, vor Drehbeginn ihren Text zu beherrschen.“ Auch sie hatte sich irgendwann angewöhnt, den Text erst in der S-Bahn zu lernen, auf dem Weg ins Studio nach Potsdam-Babelsberg.

Abgehakt, die „GZSZ“-Zeit. Vorbei die Zeit der Sexbombe. Sie ist jetzt die Cécile Dütsch, die Moderatorin von „Loop-TV“ auf Viva und „Spy“, einem Jugendmagazin, auf TV.Berlin. Als solche will sie ernst genommen werden. „Als Schauspielerin ist Cécile schwer zu vermarkten“, sagt ihr Management, „mit dieser Hauptfarbe ist sie einfach auf gewisse Rollen festgelegt.“ Deswegen versucht sie sich jetzt als Moderatorin.

Sie steht an diesem sonnigen Montag morgen auf der Terrasse von TV.Berlin mit ein paar Zetteln in der Hand. Sie bereitet sich auf einen Drehtag vor – drei Termine sind geplant, verteilt über sieben Stunden. Je einer mit einem Fassadenkletterer, einer Jazzsängerin und in einem Modeladen. In den Momenten, in denen sie Interviews führt, passieren ihr kleine Patzer. Mal vergißt sie den Namen ihres Gegenübers, mal die nächste Frage, mal bringt sie ganz einfach die Fakten durcheinander. Alles nicht weiter schlimm, der Sender hat viele Schnittplätze. Am Ende wird das Magazin „Spy“ via TV schön leicht, schön flockig und schön unbeschwert daherkommen, alles wird spielerisch aussehen. Spielerisch an die Fernseharbeit rangehen, das ist ihre Stärke, vielleicht aber auch ihre Schwäche. „Die Sendung ,Spy‘ ist eine Spielwiese“, pflegt Cécile Dütsch Kritikern zu sagen. Ganz TV.Berlin ist eine Spielwiese für junge Leute. Zugegeben, auch eine Chance, ins Fernsehgeschäft einzusteigen.

Cécile Dütsch hat die Chance genutzt. Von der staatlich geprüften Krankengymnastin zum gefragten Model, zum begehrten Serien- und Fernsehstar – das alles innerhalb kürzester Zeit. Vielleicht ging ja alles ein wenig zu schnell, und vielleicht ging alles nur deswegen, weil sie sexy und keß ist und eine „exotische Schönheit“, wie es branchenintern heißt.

Dabei hat Cécile Dütsch, wenn man ihr eine Weile zuhört, mehr zu bieten als blasse Klischees. Da ist die Episode mit den Jusos, denen sie fast beigetreten wäre. Sie hat es dann doch nicht getan, weil ihr die Jusos zu „radikal“ waren. Da ist die ewige Balance, mit ihrer Hautfarbe umgehen zu müssen. Als Kind habe sie sich doppelt beweisen müssen, als Mädchen und als Afrodeutsche. Heute sagt sie nur: „Mein Vater kommt aus dem Togo, meine Mutter ist Deutsche. Ich habe immer in Deutschland gelebt. Ich sehe mich nicht als Farbige.“ Basta.

Das könnte man nun so stehenlassen, hätte die Pressesprecherin von TV. Berlin am selben Tag nicht gesagt: „Wir haben mit Cécile viel Erfolg, was sicher auch damit zu tun hat, daß sie so peppig ist.“ Peppig? Aha! Also peppig ist Cécile Dütsch auch. Wieder ein nettes Adjektiv mehr für den Journalisten. Wieder ein Klischeewort.