Plastikberge müssen erhöht werden

■ HamburgerInnen sammeln nicht genug Müll / Wert GmbH pfeift aus dem letzten Loch

Schuld an der Misere sind natürlich wir. Ja, Sie, weil Sie Hauseigentümerin aus dem Kerngebiet sind und noch keine gelbe Tonne bei der Wert GmbH beantragt haben. Und ich, weil ich weder einen Plastik-Sack noch Lust habe, die Joghurt-Becher zum nächsten Recycling-Hof zu bringen. „Wegen der mangelnden Akzeptanz gegenüber dem Dualen System“ fährt die Wert GmbH, die die „Leichtverpackungen“ (LVP) der Hamburger Haushalte einsammelt – dazu zählen Hüllen aus Weißblech, Aluminium, Kunststoff und Getränkeverbunde – Jahr für Jahr Verluste ein.

Das jedenfalls glaubt Heinrich Bartels, Entsorgungsleiter bei der Wert GmbH, die Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Duales System Hamburg ist. 1994 betrug der Verlust rund 900 000 Mark, teilte der Senat jüngst bekümmert mit. Grund: Die prognostizierten Sammelmengen seien „noch nicht erreicht“ worden. Mit 16 000 Tonnen, so ist im Bericht des Umweltausschusses der Bürgerschaft vom 25. April 1994 nachzulesen, hätte sich ein Gewinn erzielen lassen. – Ganze 8 330 Tonnen LVP erfaßte die Gesellschaft. „Eine lächerliche Menge“ angesichts des Hamburger Gesamtmüllaufkommens von einer Million Tonnen pro Jahr, kommentiert Umweltbehörden-Sprecher Kai Fabig.

Besserung ist nicht in Sicht: Von flächendeckender Versorgung kann keine Rede sein, denn lediglich 475 000 Hamburger Haushalte (55 Prozent) haben bisher gelbe Tonnen oder Säcke. Und die geforderten Erfassungsquoten steigen weiter: Seit dem 1. Juli sollen die Entsorger 80 Prozent aller Verpackungsmaterialien in den Verwertungskreislauf einspeisen. Da müßten sich die sechs Unternehmen, die sich zur Arge Hamburg zusammengeschlossen haben, anstrengen: Im vergangenen Jahr lag die Durchschnittsquote der erfaßten Verpackungen bei 53 Prozent. Doch anstatt sich zu überlegen, ob das System noch Sinn macht, zeichnet sich ein Konkurrenzkampf zwischen den einzelnen Entsorgungsunternehmen ab: „Es ist uns ein Dorn im Auge, daß wir nur den Kunststoff privater Haushalte einsammeln dürfen, nicht aber den aus Kantinen, Büros und Kleinbetrieben“, schimpft Bartels. Damit ließe sich der Plastikberg erhöhen und der Hamburger Haushalt entlasten. Doch die Firma SKP, der diese lukrativen Sammelorte vorbehalten sind, will davon nichts wissen.

Die Wert GmbH bleibt also arm: Seit Anfang des Monats bezahlen die Verwertungsfirmen der Wert GmbH nicht mehr wie bisher jede Tonne gelieferten Mülls, sondern nur noch die Kunststoffmengen, die nach dem Aussortieren übrig bleiben. Bartels: „Das sind immerhin 15 Prozent weniger.“

Heike Haarhoff