Senat kürzt zugunsten der Oberen

■ Untersuchung zeigt: Die unteren Ränge in der Verwaltung werden abgebaut, der teurere höhere Dienst dagegen wird noch ausgebaut

Die Stellenpolitik des Senats gerät angesichts der jüngsten Beschlüsse immer stärker in die Kritik. Gerade der im Rahmen der Haushaltsberatungen von CDU und SPD gefaßte Plan, die Stellen im öffentlichen Dienst bis zum Jahr 2000 um fast das Doppelte als bisher vorgesehen zu reduzieren, und die umstrittenen Beförderungen bei der Polizei durch Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) haben Experten alarmiert.

„Die Tatsache, daß demnächst die Steuereinnahmen des Landes nur noch dazu reichen, die Personalkosten zu decken, zeigt eine Dynamik, die eben nicht nur durch Stelleneinsparungen, Teilzeitoffensiven und eine betriebswirtschaftlich ausgerichtete Verwaltungsreform behoben werden kann“, erklärten gestern Thomas Weidmann und Peter Grottian von der Freien Universität Berlin. Der Senat habe es versäumt, aus der Kritik des Rechnungshofes und wissenschaftlicher sowie politischer Interventionen Schlüsse zu ziehen und grundlegende Reformen im öffentlichen Dienst anzugehen.

So herrsche über die explosionsartig steigenden Pensionszahlungen „weitgehend Unklarheit“, für junge Leute werde kein Einstellungskorridor vorbereitet und mit den wirklichen Bedürfnissen der BerlinerInnen habe die Struktur der öffentlichen Dienstleistungen wenig zu tun. Vor allem aber, so die Politologen, bringe sich der Senat mit der Ungleichbehandlung von höherem und unterem Dienst um sein Glaubwürdigkeit. Grottian und Weidmann sprechen von einer „Schere zwischen Personal- und Kostenvermehrung im höheren Dienst und der Personal- und Kostensenkung im einfachen und mittleren Dienst“.

Was bei dem Abbau im öffentlichen Dienst – etwa 56.000 Stellen seit 1992 – provoziere, sei die Tatsache, daß das Personal in mittleren Positionen ab-, in gehobenen Positionen zugenommen habe. Auch wachse die Zahl der Beamten ständig, die Anzahl der ArbeiterInnen und Angestellten hingegen werde geringer. Kurzfristig verschaffe diese Verbeamtung zwar Einsparungen, langfristig allerdings ergäben sich Mehrkosten. Wenn die Politik sich zuwenig um die Grundstruktur des Personals kümmert, so der Schluß von Grottian und Weidmann, „macht es keinen Sinn, sich nur über den Beförderungsschub von Polizisten zu erregen“. Barbara Junge