Die mit dem Dolche diskutierten

Die Geschichte der Dithmarscher Bauernrepublik endete 1559. Im Landesmuseum zu Meldorf wird sie erzählt  ■ Von Jochen Metzger

Meldorf in Dithmarschen: Ein verträumtes Städtchen, ganze 7500 Seelen zählend, mit einem Dom und einer schmucken Fußgängerzone. Wer würde denken, daß hier einst das politische Zentrum der sogenannten „Dithmarscher Bauernrepublik“ lag? Die skurrile Geschichte dieser Republik weiß das „Dithmarscher Landesmuseum“ in Meldorf zu erzählen.

Nachdem die Nordseeagrarier nämlich so manchen Landesherren gemeuchelt und andere schmählich verraten hatten, krochen sie 1227 dem ferne weilenden Erzbischof von Bremen unter den Talar. Dieser kümmerte sich herzlich wenig um das Völkchen jenseits der Elbe. So kam es, daß die Dithmarscher ihr politisches Geschick weitgehend selbst bestimmen konnten. 1447 gaben sie sich gar eine eigene Verfassung, das „Dithmarscher Landrecht“. Die Urschrift dieses Gesetzbuches – das einen 48köpfigen Bauernrat als oberstes Rechtsorgan proklamierte – kann als Exponat im Landesmuseum bestaunt werden.

Doch auch wenn die Vorstellung von einer Räterepublik mitten im finsteren Mittelalter auf manche BasisdemokratIn eine aphrodisierende Wirkung haben mag: In Dithmarschen – so lehrt uns das Landesmuseum – ging's alles andere als harmonisch zu. Da wurden zur Aufbesserung der Haushaltskasse regelmäßig die Dörfer der Landesnachbarn geplündert, Streitigkeiten innerhalb der Landesgrenzen pflegten nach dem Rechtsprinzip der Blutrache beigelegt zu werden. Schließlich ließ man in der Republik politische Diskussionen gerne von gedungenen Häschern mit dem Dolche führen.

Kein Wunder also, daß den benachbarten Fürsten die Chaos-Bauern ein Dorn im Auge waren. So entschloß sich der dänische König Johann im Jahre 1500, von der Gier nach Macht und Ordnung getrieben, den Dithmarschern letztere beizubringen. Doch diesmal hielten die Bauern zusammen: In der berühmten Schlacht bei Hemmingstedt, von der das Landesmuseum mit einem liebevoll gebastelten Modell zu berichten weiß, besiegten sie den Dänenkönig und sein zahlenmäßig zwanzigfach überlegenes Heer mit einem Trick: Sie öffneten in einem günstigen Moment die Sieltore und überfluteten die Feinde mit februarkalter Nordseeflut. Erst 1559 bereitete eine Koalition mehrerer europäischer Fürsten der Republik ein Ende.

Doch nicht nur für Mittelalterfreaks hat das Landesmuseum einiges zu bieten. So steht etwa der Ausstellungsteil über die Alltagsgeschichte dieses Jahrhunderts besonders bei Kindern hoch im Kurs.

Nach der anstrengenden Museumstour locken in der Fußgängerzone die leckeren Dithmarscher Mehlbeutel. Doch Vorsicht: Wer gar zu gierig nach dem eigenwilligen Gericht aus süßem Hefezeug, heißen Kirschen und Schweinebacke mit Senf greift, dem könnte das ähnlich übel aufstoßen wie weiland dem machtlüsternen Dänenkönig zu Hemmingstedt.

Regionalbahn stündlich ab Altona (ca. 90 Minuten); Öffnungszeiten: Di-Fr: 10-16.30 Uhr; Sa-So: 11-16 Uhr. Führung nach Anmeldung (14 Tage vorher); für Spezialangebote für Schulklassen048 32/72 52.