Bürger begehren gegen Privatstrom

■ Die Stadtwerke von Erlangen bleiben nach Bürgerentscheid in Stadtbesitz. Stromkonzerne streben nächstes Bürgerbegehren an

Nürnberg (taz) – Die Erlanger Stadtwerke werden zunächst nicht privatisiert. In einem Bürgerentscheid sprachen sich am Sonntag 74,7 Prozent gegen den Teilverkauf des kommunalen Energie- und Wasserversorgungsunternehmen an einen Stromkonzern aus. Die Stadtratsfraktionen von CSU und FDP hatten den Verkauf beschlossen. Die Parteien wollten, so deren Begründung, die Stadtwerke mit der Einbindung eines großen Partners für die Liberalisierung des Energiemarktes fit machen. Zudem versprachen sie sich einen warmen Regen von etwa 22 Millionen Mark für die Stadtkasse.

Interessiert an dem vierzigprozentigen Anteil der Stadtwerke, die im Wasser- und Energiesektor im Vorjahr einen Gewinn von 13,24 Millionen Mark erwirtschafteten, waren die Bayernwerk AG und die zu PreussenElektra gehörende Thüga AG. Nur mit solchen „strategischen Allianzen“ könne man in dem freigegebenen Strommarkt bestehen, argumentierte Erlangens CSU-Oberbürgermeister Siegfried Balleis. Nur mit der Einbindung eines Stromkonzerns könnten Großabnehmern wie Siemens oder der Friedrich-Alexander-Universität günstige Tarife angeboten werden.

Großabnehmer können sowieso nicht gehalten werden, widersprach Erlangens ÖTV-Geschäftsführer Frank Riegler. „Die kaufen gleich beim Erzeuger.“ Die Gewerkschaft ÖTV hatte mit SPD, Bündnis 90/Die Grünen und dem Bund Naturschutz die Teilprivatisierung abgelehnt. Die Gewerkschaft fürchtet, daß die Defizite bei den städtischen Bädern oder dem öffentlichen Nahverkehr nach einem Verkauf nicht mehr von den Überschüssen im Energie- und Wasserbereich gedeckt werden. Die Kaufinteressenten hatten auch vorab gesagt, daß sie „an den Verlustbetrieben nicht interessiert“ seien. Für Hubert Weiger vom Bund Naturschutz wäre ein Teilverkauf ein „verhängnisvoller Einstieg der Großkonzerne in die kommunale Daseinsfürsorge“ gewesen. Der Käufer sei nur daran interessiert, „überflüssigen Strom abzusetzen“.

23,5 Prozent der Erlanger Bürger beteiligten sich am Entscheid. Gemäß ihrem Mehrheitsvotum sollen die Stadtwerke „in allen bestehenden und auch künftigen Geschäftsbereichen wie bisher im vollständigen Eigentum der Stadt verbleiben“. Oberbürgermeister Balleis war enttäuscht: „Die Stadt hat eine historische Chance vertan.“ Er setzt nun auf ein von der Wirtschaft unterstütztes Bürgerbegehren, daß das Ergebnis des Bürgerentscheids wieder umkehren soll. Bernd Siegler