Kommentar
: Der Haß der Alten auf die Jungen

■ Die SPD, die CDU und die Jugendkriminalität

Man müsse „schärfer“ und „härter“ gegen auffällig gewordene Jugendliche „vorgehen“, fordern SPD und CDU/CSU unisono. In beiden Parteien wird laut nach geschlossenen Heimen für Mehrfachtäter geschrien. Beide Parteien fordern eine höhere Bestrafung von kriminellen Heranwachsenden nach dem Erwachsenenstrafrecht – „in Einzelfällen“ (SPD), „im Regelfall“ (CDU). Schon die Sprache dieser Politiker verrät, wieviel Aggression, wieviel Strafbedürfnis sich hinter den markigen Parolen versteckt. Warum eigentlich? KriminologInnen weisen seit Wochen – offenbar völlig vergeblich – darauf hin, daß Dramatisierungen völlig fehl am Platz seien. Daß der Anstieg der Jugendkriminalität vor allem Bagatelldelikten wie Ladendiebstahl, Schwarzfahren und Ecstacy- Schlucken geschuldet sei. Daß Gewaltverbrechen auch nicht öfter vorkämen als früher. Daß die Jugend besser als ihr Ruf sei. Woher also stammt so viel „überschüssige“ Wut? Weshalb machen auch US-Politiker Jugendliche bevorzugt zum Sündenbock und verbieten einer ganzen Generation den Ausgang nach 21 Uhr? Wofür sollen Jugendliche bestraft werden?

Die Antwort lautet schlicht: dafür, daß sie jung sind. Kaum eine andere Gesellschaft pflegt einen so ausgeprägten Jugendkult wie die westlichen Industrieländer. Nur wer jung ist, zählt, denn wer jung ist, zahlt. Im Fernsehen, in den Zeitschriften, in den Kinos tanzen junge, makellose Körper den Werbespot vom ewigen Leben. Wer es nicht schafft, sein Älterwerden zu vermeiden oder aufzuhalten, wer mit Zellulitis oder Herzkasper zu kämpfen hat, der ist mega-out.

Doch nun sitzt, wie weit man auch blickt, ausgerechnet diese mega-oute Generation der alten und häßlichen Männer an den Schalthebeln von Politik, Wirtschaft und Medien. Sie haben Macht, sie haben Geld und Privilegien, aber wenn sie heimlich an sich herunterblicken, sehen sie einen verfallenden Körper. Jugendlichkeit, diesen größten aller kulturellen Werte, können sie als einziges nicht kaufen. Welche Erniedrigung! Die einen kaufen sich Kinderpornos oder kleine thailändische Mädchen und Jungs, um den Jungbrunnen auf andere Weise in Besitz zu bekommen. Die anderen, zu denen vorzugsweise unsere Politiker gehören, rächen sich verbal und deklarieren die Jugend von heute als die gewalttätigste und dekadenteste aller Zeiten. Ein Scheißspiel. Ute Scheub