■ Intoleranz allerorten: An den islamischen Schulen ist das Tragen von Kopftüchern für Mädchen Pflicht

Bis zur Französischen Revolution war Bildung in Westeuropa eine traditionelle Aufgabe der Kirchen. Auch heute akzeptiert der Staat in fast allen Ländern einen gewissen Einfluß der Kirchen auf den Lehrplan. Eine Ausnahme ist Frankreich, wo Religionsunterricht an Schulen – ebenso wie das Tragen von Kopftüchern – völlig tabu ist.

Die Niederlande wiederum stehen am anderen Ende der Skala: Hier haben die Kirchen den Einfluß auf das Schulwesen nie verloren. Zwei Drittel der Grundschulen sind konfessionell gebunden – ein Drittel katholisch, ein Drittel protestantisch. Die Tatsache, daß konfessionelle Schulen – auch finanziell – gleichberechtigt neben staatlichen Schulen stehen sowie den weit gefaßten Begriff der Religionsfreiheit haben sich auch die Einwanderer zunutze gemacht: Seit 1988 wurden knapp vierzig islamische Grundschulen gegründet; vom September an gibt es das erste islamische Gymnasium. Seit 1995 werden außerdem an einer staatlichen Hochschule bei Amsterdam Lehrer für „Islamische Lebensanschauung“ ausgebildet. In Leiden wird zur Zeit die erste staatliche Universität für Islamstudien gegründet; in Rotterdam existiert eine private islamische Universität.

Dennoch wird auch in den Niederlanden über das Tragen von Kopftüchern an Schulen diskutiert. Immer wieder werden Fälle laut, in denen Lehrer verschleierte Schülerinnen nach Hause schicken. In allen Fällen kehrten die Mädchen wenig später – mit Kopftuch – in die Schule zurück. Laut einer Untersuchung berichteten niederländische Medien in den Jahren 1989 bis 1994 99mal über die Kopftuchdiskussion. Allerdings ist kein Fall bekannt, in dem eine Lehrerin wegen ihres Koptuchs Probleme bekommen habe.

Umstritten ist in den Niederlanden zur Zeit aber gerade der umgekehrte Fall: An den islamischen Schulen ist das Tragen von Kopftüchern für Mädchen und Frauen Pflicht. Das aber, argumentieren viele, sei exakt so intolerant wie der Zwang, es abzulegen. jago