Bill Clinton bläst zum Gegenangriff

■ Der US-Präsident weist alle Vorwürfe von Sonderermittler Kenneth Starr als politisch motiviert zurück. Prominente Demokraten rücken von Clinton ab, aber die meisten Amerikaner sind weiterhin gegen seine Absetzung

Washington (taz/dpa) – Am raschesten waren die Nutzer des Internets. Rund vier Millionen Mal riefen sie noch am Freitag den Bericht von Sonderermittler Starr über die präsidiale Sexaffäre auf der Homepage des US-Kongresses ab. Doch Clintons Anwälte standen ihnen an Schnelligkeit nur wenig nach. Einer ersten Verteidigungsschrift am Freitag folgte Samstag eine Punkt-für-Punkt-Erwiderung der Vorwürfe auf 43 Seiten. Entschieden weisen sie daran alle Anschuldigungen zurück. Keiner der elf im Bericht aufgezählten Vorwürfe von Meineid, Zeugenbeeinflussung, Behinderung der Justiz oder Machtmißbrauch sei belegt worden. Statt dessen, so Clintons persönlicher Anwalt David Kendall, sei Starrs Bericht dermaßen mit schlüpfrigen Details aus dem Intimleben des Präsidenten befrachtet, daß nur ein Schluß möglich sei: „Der Hauptzweck des Berichts ist es, den Präsidenten zu beschädigen.“ Die Washington Post sah sich in einem Vorwort zu Starrs Bericht denn auch gezwungen, vor der „sexuell eindeutigen Sprache“ zu warnen.

Unabhängige Juristen teilten am Wochenende die Einschätzung, daß der Bericht neben dem Meineidvorwurf wenige handfeste Belege für anklagefähige Verfehlungen enthält. Führende Demokraten und Anhänger Clintons forderten ihn dennoch auf, nun reinen Tisch zu machen. Sein früherer Stabschef Leon Panetta sagte, es sei höchste Zeit, die „juristische Streiterei darüber zu beenden, ob der Präsident über die sexuelle Beziehung gelogen hat. Es ist klar, er hat das Land irregeführt. Er muß jetzt mit dem Kongreß kooperieren und darf nicht die Taktik der letzten sieben Monate fortführen.“ Ähnlich äußerte sich der demokratische Senator Bob Kerry, der auf die Entschuldigungen Clintons verwies: „Die Anwälte des Präsidenten und der Präsident sagen verschiedene Dinge.“ Das mache eine Verständigung mit dem Kongreß schwieriger.

Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, der Republikaner Newt Gingrich, plädierte für eine abgewogene Beurteilung der Vorwürfe. Dies könne erst geschehen, wenn auch Clintons Seite gehört worden sei. Über eine Eröffnung des Amtsenthebungsverfahrens („Impeachment“) muß der Justizausschuß des Repräsentantenhauses abstimmen. Sollte dieser die Argumente des Sonderermittlers für gewichtig genug halten, entscheidet über die Amtshebung eine Zweidrittelmehrheit des Senats.

Die Mehrheit der Amerikaner lehnt nach jüngsten Umfragen ein solches Verfahren weiter ab. Beim TV-Sender CNN lag die Zustimmung zu Clintons Arbeit bei 62 Prozent, nach ABC bescheinigen ihm 56 Prozent eine gute Amtsführung – obwohl 59 Prozent auch meinen, daß der Präsident gegen das Gesetz verstoßen hat.